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Ein Dorf steht in Flammen – in Sa Pobla brennen die Herzen seit einigen Tagen nur noch für Sant Antoni. Kaum ist das letzte Weihnachtspäckchen von den Reyes Magos verteilt, wappnet sich das Städtchen schon wieder fürs nächste Fest. Von vielen der Balkons weht die Flagge des heiligen Antonios, die Stadt schmückt sich für die Umzüge am 16. und 17. Januar. Und jeder Besucher der Stadt wird bereits am Ortseingang von einer mannshohen Teufelsmaske begrüßt. Nirgendwo sonst auf der Insel wird der Tag des heiligen Antonius mit solcher Inbrunst gefeiert wie hier im Inselinneren. Und Inbrunst ist keineswegs übertrieben: „Für Außenstehende ist es manchmal nicht so einfach, unsere Begeisterung zu verstehen. Wir ,Pobleros', wir sind Sant Antoni – das fließt einfach in unserem Blut.”

Das schießt Margarita Rayó Crespi auch unweigerlich in die Wangen, wenn sie vom Fest des Heiligen erzählt. Ihre Gestik wird ausladend, ihr Blick schwärmerisch. Margarita Rayó Crespi lebt für Sant Antoni, für die Tradition der tanzenden Teufel, der lodernden Feuer in der „Nit Bruixa” und der lachenden Grimassen der übergroßen Papp-Köpfe „Caparrots”. Wer noch nicht von der Begeisterung erfasst ist, den steckt sie damit an: Margarita betreut das „Museo de Sant Antoni i el Dimoni”, täglich führt sie mit ihrer Kollegin Isabel Besucher und Sant-Antoni-Fans durch die kleine Ausstellungshalle.

Innen und außen feuerrot gestrichen, sieht man dem Museum, das 2003 im ehemaligen Bahnhofsgebäude errichtet wurde, den dämonischen Inhalt schon von Weitem an. Gleich neben dem Museum: die Bar Sant Antoni und die Clínica San Antoni. Kein Zweifel: Hier ist die Hochburg des Heiligen, der die bösen Mächte des Teufels besiegt hat.

„Wir sind mit dieser Tradition aufgewachsen, deswegen steckt dieses Fest so in uns drin”, versucht Margarita zwei Besuchern aus Manacor zu erklären, verweist auf die wandfüllende Erläuterungstafel mit geschichtlichen und religiösen Hintergründen. „Um 1300 wurde Sa Pobla gegründet, und von 65 Jahren später haben wir bereits die erste Dokumentation des Festes – das spricht doch Bände!” Und dann erzählt sie schmunzelnd von einer Besucherin, die ihr stolz berichtet habe, dass ihre Tochter im Alter von neun Monaten bereits imitiert habe, wie die Teufel im Takt der traditionellen Lieder hin- und herwippen. Und jetzt könne sie sogar schon ein paar der alten Verse aufsagen. „Diese hier”, sagt Margarita und zeigt auf Vierzeiler, „aber schauen Sie nicht auf die Übersetzung, nur in Mallorquín entfaltet der Reim seinen Witz.”

Margarita nimmt den Pappmachée-Kopf der Figur des Pinocchio-Vaters aus der Reihe der elf übergroßen Charakter-Köpfe, stülpt ihn sich über. „Man muss den Kopf drehen, um überhaupt reinzukommen”, tönt es dumpf aus dem Inneren. Und sie erzählt, dass die „Caparrots” aus dem Jahr 1953 stammen, als die Stadtverwaltung die Fiesta mit den drollig dreinschauenden Masken aus Barcelona um ein neues Highlight bereichern wollte. Der Giupetto sei ihre Lieblingsfigur – was gäbe sie drum, selbst einmal unter der Maske beim Umzug mittanzen zu können.

Bis vor drei Jahren sei das Recht des Maskentragens nur einer feststehenden, auserwählten Gruppe zuteil gewesen. Mittlerweile sei man aber dazu übergegangen, die Tänzer auszulosen. „Wer weiß, vielleicht habe ich ja mal das Glück? Ich habe mich auf jeden Fall beworben”, sagt sie mit einem Glanz in den Augen. Und dann intoniert sie plötzlich mit lauter Stimme einen Paso Doble, nach dem die Figuren tanzen. Bis sie selbst einmal auf dem Rathausplatz tanzen darf, werde sie sich damit begnügen, die Begeisterung für das Fest an andere weiterzugeben. Zum Beispiel an die vielen Großeltern, die mit ihren Enkeln regelmäßig beim Spaziergang vorbeischauen, um die Figuren zu bestaunen.

Und natürlich wird sie die Fiesta genießen – mit Seele und Leib. Denn die Speisen, die an den Feiertagen auf den Tisch kommen, gelten als Hochgenuss. In diesen Tagen ordern die Gemüsehändler Großbestellungen von Erbsen und Lauch, die Fischhändler Kisten voller Aale – sie sind Hauptbestandteil der Espinagadas, die traditionell auf den Tisch kommen. „Es ist wie eine Art Tag der offenen Tür in jedem Haus, wer Bekannte in Sa Pobla hat, kommt zu ihnen zum Abendessen.