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Wenn ein Staatsangehöriger des einen Staates im anderen Vermögen vererben möchte oder der Zeitpunkt der Erbschaft bereits gekommen ist, stellt sich zunächst die Frage des anwendbaren Rechts. Wird der Bungalow eines Deutschen in Spanien nach spanischem oder nach deutschem Erbrecht vererbt?Gilt für die Vererbung eines Sparkontos eines Spaniers bei einer deutschen Sparkasse deutsches oder spanisches Erbrecht? Ist das Recht des letzten Wohnsitzes maßgeblich?

Ein deutsch–spanischer Staatsvertrag über das anzuwendende Erbrecht besteht nicht. Aber das internationale Privatrecht beider Staaten regelt jeweils diesen Fall. Artikel 25.1 des deutschen Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch spricht aus, dass das Heimatrecht des Erblassers maßgeblich ist, unabhängig davon, wo die Nachlassgegenstände liegen. Es gilt mithin grundsätzlich das Prinzip der sogenannten Nachlasseinheit.

Auch das spanische Recht geht in Artikel 9.8 CC von diesem Prinzip aus, welches gleichermaßen für bewegliche und unbewegliche Sachen Anwendung findet. Ferner haben Spanien und Deutschland das Haager Testamentsformabkommen ratifiziert. Dagegen ist lediglich Spanien Partnerland des Baseler Testaments-Registrierabkommens.

Man könnte meinen, dass wegen des diesseits und jenseits der Pyrenäen geltenden Prinzips der Nachlasseinheit und der Maßgeblichkeit des Heimatrechts des Erblassers Probleme nur selten auftauchen. Die nachstehenden Ausführungen zeigen jedoch, dass trotz der grundsätzlich gleichen Prinzipien durchaus Rechtskonflikte in deutsch-spanischen Erbfällen auftreten können.

Deutsche Erbschaften in Spanien
Der Erbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers. Die Rechtsnachfolge muss belegt werden durch Testament oder durch Nachweis der gesetzlichen Erbfolge. Testamente dürfen privatschriftlich oder notariell errichtet werden, vor deutschen oder vor ausländischen Notaren. Testamente müssen eröffnet werden, wobei eine konkurrierende Zuständigkeit deutscher und spanischer Gerichte besteht. Deutsche Gerichte erteilen dem oder den Erben auf Antrag den Erbschein, mit dem man – versehen mit der Haager Apostille und einer beglaubigten Übersetzung – die Rechtsnachfolge auch in Spanien antreten kann.

In der Praxis hat sich das deutsche Erbscheinverfahren als schnelleres gegenüber spanischen Erbzeugnissen erwiesen.

Zu Problemen kann es bei gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten und Erbverträgen deutschen Rechts kommen, insbesondere bei gemischt-nationalen Ehen, weil der gemeinspanische Código Civil diese Rechtsfiguren ausdrücklich für Spanier verbietet. Auch die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments nach dem Tode des erstverstorbenen Ehepartners kann Rechtskonflikte auslösen, wenn der überlebende Ehepartner etwa vor einem spanischen Notar erneut testiert und eine anders lautende letztwillige Verfügung trifft.

Besitzt ein Erblasser die spanische und die deutsche Staatsangehörigkeit, wendet jedes Land lediglich das eigene Recht an, so dass es bei in beiden Staaten belegenen Nachlassgegenständen des Erblassers zu einer Nachlassspaltung kommt.

Zur Umschreibung von Immobilieneigentum in Spanien auf den Erben bedarf es grundsätzlich der Erbschaftsannahme und –zuweisung (Escritura de Aceptación y Adjudicación de Herencia) vor einem spanischen Notar sowie der Bezahlung der entsprechenden Erbschaftsteuer. Bankvermögen ist gleichfalls dem Finanzamt anzuzeigen und zu versteuern, um als Erbe oder Vermächtnisnehmer hierüber verfügen zu können.

Pflichtteilsansprüche deutschen Rechts unterscheiden sich von der gemeinspanischen legítima dadurch, dass sie keine dingliche Rechtsnatur haben, es sich also hierbei lediglich um einen obligatorischen Anspruch gegen den Erben handelt.

Die Ausschlagung der Erbschaft, die dem deutschen Erbstatut unterliegt, muss in öffentlich beglaubigter Form binnen sechs Wochen nach Kenntnis des Erben vom Erbfall und seiner Berufung gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen, sonst gilt die Erbschaft als angenommen. Nur wenn der Erblasser im Ausland lebte, gilt hierfür die Sechsmonatsfrist.

Spanische Erbschaften in Deutschland
Unterliegt der Nachlass dem spanischen Erbstatut, gilt für den Erbfall nicht automatisch der spanische Código Civil. Lediglich dann, wenn der spanische Erblasser im Rahmen seiner Gebietszugehörigkeit (vecindad civil) dem gemeinspanischen Recht unterliegt, sind die Regeln des Código Civil anzuwenden.

Anders dagegen ist die Rechtslage, wenn der Erblasser einem der folgenden sechs Foralrechte unterworfen ist: Aragón, Balearen, Baskenland, Galicien, Katalonien, Navarra. Eine jede dieser Regionen besitzt ein Gesetzbuch mit erb– und familienrechtlichen Regelungen, die vorrangig gegenüber dem Código Civil anwendbar sind. Anders als nach dem Código Civil sind in den Foralrechtsgebieten teilweise gemeinschaftliche Ehegattentestamente oder Erbverträge zulässig.

Besitzt ein Spanier Immobilieneigentum in Deutschland, darf er dieses ganz oder teilweise letztwillig dem deutschen Erbstatut unterstellen. Für einen katalanischen Erblasser, der je ein Apartment in Barcelona und in München besitzt, findet deshalb in diesem Falle eine Nachlassspaltung statt: das in München belegene Apartment wird nach deutschem, das in Barcelona dagegen nach den Regeln des katalanischen Rechts vererbt.

Wer Nachlassgegenstände eines Spaniers in Deutschland erbt, kann einen sogenannten gegenständlich beschränkten Erbschein beantragen, um die Rechtsnachfolge hieran anzutreten. Zuständig für die Erteilung des Erbscheins ist das Amtsgerichts des letzten Wohnsitzes des Erblassers oder, falls ein solcher in Deutschland nicht bestanden hat, das des Lageorts der Nachlassgegenstände.