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Es mag kurios klingen, aber ausgerechnet die Strände, die über die meisten Rettungsschwimmer und die besten Rettungsgeräte verfügen, sind aus Sicht des balerischen Innenministeriums, das über seine neue Notrufzentrale (112) in Marratxí alle Rettungseinsätze inselweit koordiniert, am gefährlichsten. „Das lässt sich ganz einfach erklären”, sagt 112-Sprecher Jordi Morell. „Wo niemand badet, passiert auch nichts. Wo Tausende sich am Strand tummeln, ist das statistische Risiko eines Unfalls nun einmal am höchsten.”

Das Dekret 2/2005 regelt auf den Balearen, an welcher Playa es gefährlich ist und welche personellen und technischen Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit erfüllt werden müssen. Von der Flaggengröße (mindestens 1'5 mal einen Meter) bis zur Ausbildungszeit der Rettungsschwimmer (80 Stunden) werden darin alle für die Strandsicherheit relevanten Aspekte geregelt und die Playas in drei unterschiedliche Gefahrenstufen eingeteilt (hohes, mittleres und geringes Risiko).

Aus Sicht der Gesetzgebung gelten Strände mit einer Größe von 20.000 Quadratmetern, die von mehr als 2000 Menschen frequentiert werden, als hochgradig gefährlich. Ebenso Playas, an denen es bereits einmal einen tödlichen Unfall gegeben hat, die permanent mehr als 50 Zentimenter hohe Wellen oder gefährliche Strömungen haben, an denen Badende und Wassersportler gleichzeitig im Meer sind, die zu Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern gehören oder jene, die für die Retter nur per Luft oder von See aus zugänglich sind.

Einen oder mehrere dieser Punkte erfüllen auf den Balearen insgesamt 37 Playas, 32 davon auf Mallorca. Mit einem mittleren Risiko werden 97, mit geringem Risiko 237 Strände eingestuft.

Die Auflagen wurden zwar seitens der Balearen-Regierung erstellt, letztlich müssen sie aber die Gemeinden umsetzen. Allein Palma gibt für die Sicherheit und Wartung seiner fünf Playas, die alle die Kriterien der höchsten Gefahrenstufe erfüllen, in diesem Jahr 500.000 Euro aus.

Hunderte Rettungsschwimmer des Roten Kreuzes und von rund einem Dutzend im Geschäft mit der Strandsicherheit aktiven Firmen sind bis zum offiziellen Saisonende am 7. Oktober an den Balearenstränden im Einsatz, in der Regel von 10 bis 18 Uhr.

Wie viele Retter für welche Strände zuständig sind, regelt ebenfalls das Dekret. Mehrere Rettungsschwimmer, ein Supervisor, Rettungstürme, Rettungs- und Wiederbelebungsgeräte sowie Schlauchboote oder Jet-Skis sind für die Strände mit hohem Risiko vorgeschrieben. Je geringer die Gefahrenstufe, desto geringer das personelle und materielle Aufgebot.

Von 39 Wachtürmen aus können mallorquinische Strände eingesehen werden. Acht Schlauchboote, 13 Jet-Skis, 14 motorisierte und 13 nicht motorisierte schwimmende Bahren stehen für die Bergung von Opfern bereit. Mit 32 Defibrillatoren können stillstehende Herzen reanimiert werden. In einem Dutzend Erste-Hilfe-Stationen werden Verletzte und Kranke versorgt.

 

„Im Prinzip haben wir seit Jahren etwa dieselbe Zahl von Strandunfällen”, sagt Morell, „aber es ist uns gelungen, dank unserer Vor-Ort-Maßnahmen, die Zahl der Todesfälle deutlich zu reduzieren.” Bei 317 Badeunfällen an den Balearenplayas kamen im vergangenen Jahr 18 Menschen ums Leben. 2004 starben noch 27. „Es geht oft um Sekunden, deswegen haben wir auch bald einen eigenen Hubschrauber.”

Wer sich schon vor seinem Strandbesuch über die Risiken oder den Zustand seiner Traumplaya informieren möchte, kann dies seit wenigen Tagen per Internet tun. Unter www. platgesdebaleares.com sind Hunderte Strände abrufbar. Die dort stationierten Rettungsschwimmer aktualisieren mit ihren PDA-Handcomputern die relevanten Stranddaten täglich.