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Beherzt greift die junge Frau im „Sportmans” zum Mikrofon. Es ist Showtime im englischen Pub in zweiter Meereslinie. Draußen haben die Gäste die Korbstühle näher zusammengerückt, Schaulustige bleiben dahinter stehen.

Jeder will dabei sein, wenn man sich beim abendlichen Karaoke zum Affen macht. Aber der blondbeschopfte Bubikopf im tiefdekolletierten pinkfarbenen Shirt macht seine Sache auffallend gut – und viele ziehen enttäuscht wieder weiter. Lassen sich von quengelnden Kindern zum nächtlichen Erlebnispark mit Bungee-Trampolin und Spaßbahnen ziehen oder in ein nahe gelegenes Eiscafé. Es ist ruhig auf den Straßen von Cala Millor. Nicht, weil wenig los wäre. Nein, man sei sehr zufrieden, sagt auch Direktor José Gil Morey vom Iberostar-Hotel Cala Millor Park. Aber die meisten Urlauber blieben abends in den Hotels, erklärt er. „Seit rund fünf Jahren hat sich Cala Millor als eindeutiges Reiseziel für Familien mit Kindern herauskristallisiert.”

Auch junge Leute kommen in dem Städtchen auf ihre Kosten, vor allem Pärchen sitzen in den Bars. Wer als Single die große Abschleppauswahl und Party bis zum Abwinken sucht, hat sich wohl für den falschen Urlaubsort entschieden. In Cala Millor ist alles punktueller, ruhiger. Der Abend beginnt gemütlich unter Strohdächern im Fackelschein im „Sa Terrassa” oder im vor drei Wochen eröffneten „Café del Sol”. Letzteres ist ein spektakuläres Teakholzhalbrund unter weißem Segeldach direkt am Meer und gehört zu Teilen den Besitzern des legendären „Café del Mar”.

Charmant und durchsetzungsstark lotst Ticketero Wicki zwei unentschlossen auf der Promenade flanierende Mädchen ins „Havana”. Keine schlechte Wahl: Heute ist Ladys-Night und außer einem Begrüßungscocktail gibt es Kellner mit nackten, eingeölten Oberkörpern.

Geschlürft werden hier vor allem süßklebrige Cocktails – genauso wie im „Bananas” ein paar Ecken weiter, an Stehtischen unter freiem Himmel. Hier sind die Kellner zwar nicht halbnackt, aber äußerst flirtaktiv. „So schön wie ihr seid, kann ich euch nicht ohne einen Baileys aufs Haus gehen lassen”, sülzt Italiener Paolo der 22-jährigen Marina und ihrer Freundin zu.

Den Baileys nehmen die beiden noch mit, dann verschwinden sie in die Diskothek „Lollipop”. „Hier sind die Leute jünger und nicht so eingebildet wie im ,Karussell'” meint Türsteher Alex. Das „Karussell” ist gleich nebenan, aber in dieser Nacht halb leer. Kein Wunder – im „Lollipop” ist bis drei Uhr „Flatrate-Saufen” für eine Zehn-Euro-Pauschale.

Ein Gutes hat dieser damit erreichte Alkohol-Pegel: Er hilft, die überall gleichen Beats zu ertragen, wenn man kein ausgesprochener Hiphop und Blackmusic-Fan ist.