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Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat Friedensnobelpreisträger Al Gore am Montag in Palma seinen Vortrag „Eine unbequeme Wahrheit” über den Klimawandel gehalten. Eingeladen hatte ihn das spanische Institut der Familienunternehmen, das im Auditorium seinen 10. nationalen Kongress veranstaltete. Der ehemalige US-Vizepräsident hatte darauf bestanden, keine Pressevertreter zuzulassen und tat auch sonst alles, um keine Fragen beantworten zu müssen.

Schon eine gute Stunde vor dem anberaumten Termin am Montagnachmittag hatten sich vor dem Veranstaltungssaal am Paseo Marítimo mehrere Dutzend Journalisten in der Hoffnung eingefunden, dem Stargast vielleicht doch ein Statement zu entlocken. Während nach und nach die wohlgekleideten Kongressteilnehmer aus der Mittagspause ins Auditorium zurückkehrten, war von Gore keine Spur. Als dann auch noch der balearische Ministerpräsident Francesc Antich und Inselratspräsidentin Francina Armengol wortlos an der wartenden Schar vorbei ins Innere des Gebäudes eilten, wurde es zur Gewissheit: Gore war längst durch den Hintereingang geschleust worden. Als sich der Verkehr auf dem Paseo Marítimo vor seiner Limousine gestaut hatte, war der Chauffeur kurzerhand nach rechts abgebogen und hatte seinen wichtigen Passagier hintenherum ans Ziel gebracht.

Ebenso öffentlichkeitsscheu, wenn auch nicht ganz so geheimnistuerisch, geriet Gores Auftritt am darauffolgenden Dienstag in Berlin. Auch dort gab er vor erlesener Hörerschaft seine Erkenntnisse über den Klimawandel zum Besten und sogar Journalisten durften dabei sein – allerdings erst nachdem sie schriftlich zugesichert hatten, über das Gehörte nicht zu berichten.

Warum Gore jeglichen Kontakt mit der Öffentlichkeit vermeidet, ist nun Gegenstand heftiger Spekulationen. Mallorcas spanischsprachige Tageszeitungen kritisierten, der selbsterklärte Vorkämpfer der Klimaschutzbewegung wolle sich nicht durch zuviel Öffentlichkeit die ertragreiche Einnahmequelle zerstören – für seinen Auftritt in Palma kassierte er mehr als 200.000 Euro. Allerdings haben seinen gleichlautenden (und oscarprämierten) Film mehrere Millionen Kinozuschauer gesehen und auch sein Vortrag ist im Internet herunterzuladen.

Möglicherweise ist Gore auch nicht gerade erpicht darauf, sich kritischen Fragen zu Film und Vortrag zu stellen. Denn erst kürzlich hatte ein britisches Gericht entschieden, dass „Eine unbequeme Wahrheit” neun wissenschaftliche Fehler enthalte und deshalb nur noch kommentiert im Schulunterricht gezeigt werden darf. Unter anderem hatte der Richter Gore darin widersprochen, dass die Eiskappe auf dem Kilimandscharo wegen des Klimawandels abschmelze. Dies sei unter Experten umstritten.

Was auch immer das Motiv für Gores Versteckspiel gewesen sein mag – in jedem Fall ist die Gelegenheit für eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Klimawandel ungenutzt verstrichen. Wie nötig diese Diskussion ist, zeigte sich an Mariano Rajoys Auftritt ebenfalls in Palma: Laut dem spanischen Oppositionsführer wird das Thema Klimawandel ohnehin überbewertet.