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Man stelle sich vor, der große FC Bayern würde nur mit Spielern antreten, die aus Oberbayern stammen. Es wäre wohl nie zu der stolzen Titelsammlung des Rekordmeisters gekommen. Und auch so mancher Name würde in der ruhmreichen Klub-Historie fehlen. Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Gerd Müller, Sepp Maier – keiner von ihnen hätte je für die Münchner gekickt. Ganz zu schweigen von Stars wie Ribéry, Toni oder Lucio. Während der FC Bayern seine Spieler aber aus aller Welt rekrutiert, hat sich Athletic Bilbao tatsächlich eine Selbstbeschränkung auferlegt: Das rotweiße Trikot des Traditionsvereins dürfen nur Spieler tragen, die aus der Region kommen, die im Baskenland geboren sind oder bei einem baskischen Verein ausgebildet wurden. In Frage kommen also mit Glück vier Millionen Menschen – ungefähr die Einwohnerzahl Oberbayerns.

„Kaum eine Profi-Mannschaft hat heute noch einheimische Spieler in ihren Reihen”, sagt Jupp Heynckes. Der deutsche Fußball-Trainer hat nicht nur für den FC Bayern und Real Madrid gearbeitet, sondern auch zweimal für Athletic Bilbao, und erlebte dort „die schönste Zeit” seiner Karriere, wie er sagt. „Die einzigartige Vereinsphilosophie des Klubs ist sportlich ein Nachteil, hat aber auch Vorteile: Zusammmenhalt, Respekt, Verständnis sind viel größer als bei einer zusammmengewürfelten Truppe.” Die Fans hätten stets gespürt, dass eine echte Mannschaft auf dem Feld stand, ein Team, „das eins war mit Stadt und Region”. Zum Vergleich: Wenn Real Mallorca jetzt Athletic Bilbao empfängt, dann wird den Basken kein Mallorquiner gegenübertreten. Stürmer Víctor Casadesús, Torwart Miquel Àngel Moyà, Verteidiger Iván Ramis und Stürmer Toni Adrover gehören nicht zur Stammelf.
Die Selbstbeschränkung bei Athletic ist heute Ausdruck des baskischen Nationalismus. Es gab aber auch andere Zeiten. Bis 1911 kickten sehr wohl Ausländer bei Athletic, schließlich ging der Klub aus den engen Handelsbeziehungen zwischen Basken und Engländern hervor (darum auch englisch: Athletic). Laut Asier Arrate, Historiker des Klubs, beschwerten sich die Liga-Rivalen jedoch bald, dass sich Athletic einen Vorteil verschaffe, indem dort Profis aus dem Mutterland des Fußballs spielten. Nach einiger Polemik habe sich der Klub die bis heute gültige Selbstbeschränkung auferlegt.

„Natürlich ist es leichter, fertige Spieler zu kaufen”, sagt Heynckes. „Bei Athletic ist man aber eher bereit, in die zweite Liga abzusteigen, als die Klubphilosophie aufzugeben.” Die Bodenständigkeit ist aber nicht die einzige Besonderheit des Vereins. Denn wie der FC Barcelona hat auch Athletic in seiner Geschichte noch nie Trikotwerbung für ein Unternehmen gemacht. Außerdem ist Athletic neben Real Madrid, dem FC Barcelona und CA Osasuna einer der spanischen Erstligisten, die noch Vereine sind. Alle anderen sind Gesellschaften. Real Mallorca etwa gehört nicht seinen Mitgliedern, sondern zu fast 100 Prozent dem Bauunternehmer Vicenç Grande – das Wohl des Klubs ist von ihm abhängig.

Das eigentlich Erstaunliche an Athletic Bilbao aber ist, dass der Klub trotz allem zu den erfolgreichsten Vereinen Spaniens gehört. Der Klub hat immer in der ersten Liga gespielt, was sonst nur Real Madrid und der FC Barcelona geschafft haben. Athletic war achtmal Meister und hat 24 Pokalsiege errungen. Mehr nationale Titel können nur Barça und Madrid vorweisen. Der letzte große Erfolg liegt allerdings lange zurück: das Double im Jahr 1984. Heynckes schaffte 1994 immerhin die Qualifikation für den Uefa-Cup, weshalb „Don Jupp” bis heute tief verehrt wird in Bilbao, wie der Klubhistoriker versichert.

RCD Mallorca - Ath. Bilbao, Sonntag, 16. Dezember, 17 Uhr, Tickets am Stadion.