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Die Zahlen sind alarmierend: Rund zehn Prozent der Jugendlichen in Spanien zwischen zwölf und 16 Jahren konsumieren täglich Drogen und Alkohol. Die Balearen gehören mit Katalonien zu der Region mit den meisten Drogentoten des Landes, und in der Notaufnahme von Palmas Universitätsklinik Son Dureta wurden 2007 so viele Fälle mit Tabletten-, Alkohol- und Drogenvergiftung eingeliefert wie nirgendwo sonst in Spanien. Rund 40 Prozent dieser insgesamt 1.008 Fälle, so gab der Leiter der Notaufnahme im Son Dureta, Jordi Piuguriguer, bekannt, kamen nach einem Selbstmordversuch, bei den meisten waren Alkohol und Tabletten im Spiel. Allein die Zahl der Kokainsüchtigen, die dort im vergangen Jahr Hilfe suchten, ist laut Medizinern im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen, und das sei nur die Spitze des Eisbergs, vermuten die Notfallärzte.

Besonders besorgt sind Politiker, Lehrer und Anti-Drogen-Organisationen jedoch wegen der Situation an den Schulen Mallorcas. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Organisation "Projecte Home", die sich um Drogenopfer auf den Balearen kümmert, warnten Mitglieder und Gastredner erneut vor der Verharmlosung besonders der sogenannten "soften" Drogen wie Alkohol, Tabak oder Cannabis. Schon zwölfjährige Kinder gewöhnen sich laut "Projecte Home" an den regelmäßigen Gebrauch der Rauschmittel, wobei hier ein eindeutiges Profil der Jugendlichen auszumachen sei: "Es handelt sich in der Mehrzahl um Kinder, die mit sich selbst unzufrieden sind, in der Schule so gut wie keine Ambitionen zeigen und deren vorrangiges Ziel es ist, so schnell wie möglich irgendeinen Job zu finden, um ein bisschen Geld zu verdienen", erklärt Javier Elzo, Soziologe an der Universität von Bilbao, im Rahmen einer Aufklärungskampagne von "Projecte Home", die vergangene Woche in Palma stattfand. Um bessere Aufklärungsarbeit an den Schulen Mallorcas leisten zu können, wurde vor anderthalb Jahren zusammen mit "Projecte Home" das Zentrum "Can Palerm" gegründet. Hier werden Lehrer in einem 20-stündigen Kurs speziell auf die Probleme drogenabhängiger Schüler vorbereitet. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass dieser Konflikt mittlerweile an vielen Schulen zum Alltag gehört", sagt Magdalena Morey, Direktorin des Zentrums. Immer mehr Lehrer auf der Insel würden das Angebot im "Can Palerm" in Anspruch nehmen, um rechtzeitig Missstände zu erkennen.

Doch auch die sogenannten etablierten, erwachsenen Gesellschaftsmitglieder sind von dem Problem nicht ausgenommen. "Drogenkonsum ist zu einer unterhaltsamen Freizeitaktivität geworden und zieht sich quer durch alle Alters- und Bevölkerungsschichten", erklärte Emilio Martín, Psychologe und Drogenexperte aus Madrid. Während in den 80er Jahren die sogenannten "Junkies" eher am Rande der Gesellschaft lebten, sehe man heute immer häufiger Personen, die Kokain oder Heroin konsumierten und gleichzeitig vollwertig integrierte Mitglieder der Gesellschaft sind.

"Kokain ist zur Droge der Reichen und Schönen geworden, zur ,Königin der Nacht', erklärt José Cabrera, Psychologe und Gerichtsmediziner aus Palma. Dass die Gefahren der Abhängigkeit und Persönlichkeitsveränderungen dabei oft unterschätzt werden, ist nicht zuletzt am Beispiel des ehemaligen Leiters des Bauamtes von Palma, Javier Rodriguez de Santos, zu beobachten.