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Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Ich habe mich gefragt: Ist das wirklich alles?”, erinnert sich Carlos Vorgic an die Gedanken, die Mitte der 80er Jahre in seinem Kopf kreisten. Er brauchte Luftveränderung. Und landete schließlich an der Playa de Palma.

1988 war er der erste deutsche Zahnarzt auf Mallorca – das ist mittlerweile 20 Jahre her. „Damals war der ganze Papierkram noch viel komplizierter als heute. Inzwischen sind wir alle Europäer.” Zwar war Spanien bereits 1986 der EG beigetreten, doch Niederlassungsfreiheit, wie wir sie heute kennen, das kam viel später. Vorgics Vorteil: Sein Diplom der Zahnmedizin stammt aus Argentinien. Und zwischen dem südamerikanischen Land und Spanien gab es ein bilaterales Abkommen.

Geboren wurde Carlos Vorgic 1948 als Sohn kroatischer Eltern in der Nähe von Pforzheim. In seinem Pass steht Karl als Vorname, doch so nennt ihn keiner. „Ich glaube, darauf würde ich gar nicht reagieren.” Carlos ist er nicht erst seit dem Mallorca-Umzug. Vorgics Familie wanderte nach Argentinien aus, als Klein-Karl gerade mal drei war. Dort ging Carlos zur Schule und studierte Zahnmedizin, hatte seine eigene Praxis in Buenos Aires und später in seiner badischen Heimat. „Hier muss ich mich mit dem Patienten streiten, in Deutschland mit der Kasse”, bringt Vorgic den großen Unterschied in der täglichen Zahnarztarbeit auf den Punkt. „Hier bestimme ich im Einvernehmen mit dem Patienten, was gemacht wird. In Deutschland kann ich viel planen und muss es dann der Kasse vorlegen. Es ist dort nicht mehr wie vor 20 Jahren.” Verdient er denn auf der Insel weniger als in der Heimat? „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Auch diesbezüglich hat sich in Deutschland einiges geändert.”

Nach Mallorca kam Vorgic mit seiner Frau Susanne und Töchterchen Sheila (heute 22). Später bekam das Paar noch Sohnemann Nikolai, der bald volljährig wird. „Ein Mallorquiner”, schmunzelt Vorgic, der auch noch eine Tochter namens Sissy aus erster Ehe hat.

Mallorquiner ist der in Las Palmeras lebende Vorgic nicht. Aber dadurch, dass er perfekt Spanisch spricht, hat er es beim Start auf der Insel mit Sicherheit leichter gehabt, als andere deutsche Mediziner. So war er von Anfang an nicht ausschließlich auf die deutsche Kolonie als Patienten angewiesen. „70 Prozent meiner Patienten sind Spanier”, meint der Zahnarzt, der an der Playa de Palma sicherlich ungewöhnlichere Fälle behandelt als in einer normalen deutschen Praxis. „Da bringen dann schon mal zwei Urlauber einen Freund, der morgens aufgewacht ist und nicht wusste, was geschehen war. Der hatte zwei Zähne kaputt. Oder ein anderer findet seine Prothese nicht mehr. Dann gibt es auch den Opa, der mal eine Woche Urlaub machen darf. Dann kommt im Meer die Welle, und die Zähne sind weg.” Natürlich klingeln Opfer von Schlägereien ebenfalls an der Praxistür.

Und im Frühjahr ist Mallorca bekanntlich voll von Radfahrern. „Nun gut, es passiert nicht oft. Aber ich habe schon ein paar erlebt, die ihre ganzen Zähne auf dem Asphalt liegen lassen haben.”

Wird Mallorca die letzte Station im Leben von Carlos Vorgic sein? „Ich denke schon. In diesem Jahr werde ich 60. Wenn einer singt, mit 66 Jahren fängt das Leben an, dann klingt das gut. Aber mit 66 fängt gar nichts an. Man versucht, das Beste aus dem zu machen, was man sich 40 Jahre erarbeitet hat.”