Spaniens neue Verteidigungsministerin heißt Carme Chacón, ist Pazifistin und im siebten Monat schwanger.

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So etwas hat es in der Geschichte Spaniens noch nie gegeben. In dem Land, das den Begriff des "Macho" prägte, sitzen erstmals mehr Frauen (9) als Männer (8) in der Regierung. Er sei stolz darauf, ein Zeichen für die Gleichberechtigung gesetzt zu haben, sagte der wiedergewählte Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero bei der Vorstellung seines neuen Kabinetts. Die Minister wurden am Montag vereidigt.

Der 47-jährige Sozialist, der am vergangenen Freitag erst im zweiten Wahlgang als Ministerpräsident bestätigt wurde, hat seine Landsleute aber nicht bloß mit der zahlenmäßigen Überlegenheit der Ministerinnen überrascht.

Erstmals untersteht nämlich auch das Verteidigungsressort einer Frau: Carme Chacón wird nicht nur die Geschicke von 130.000 Soldaten leiten, sondern auch für den spanischen Geheimdienst (CNI) zuständig sein. "Sie wird es mindestens ebenso gut machen wie ein Mann, wenn nicht sogar besser", sagte Zapatero über die 37-jährige Katalanin, die kurze Zeit Wohnungsministerin war und sich als Pazifistin bezeichnet. Dass Chacón im siebten Monat schwanger ist und somit schon bald in Mutterschutz gehen wird, will der Regierungschef als Zeichen der Normalität verstanden wissen.

Schließlich müssen auch Millionen andere Spanierinnen Familie und Beruf miteinander vereinbaren. "Chacón ist das beste Beispiel dafür, dass Mutterschaft und Job sich nicht ausschließen müssen", lobte der Frauenverband Themis. Eine Militärvereinigung kritisierte die Ernennung hingegen als "Provokation" und "Verachtung" der Armee.

Auch sonst muss sich Zapatero von konservativer Seite Kritik gefallen lassen. Die oppositionelle Volkspartei (PP) forderte ihn auf, sich lieber um drängendere Probleme wie die abflauende Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit zu kümmern. Die Zeitung "El Mundo" warf ihm am Sonntag "Politmarketing" vor: "Zapatero will als großer Modernisierer in die Geschichte Spaniens eingehen. Bei der Wahl seiner Minister setzt er mehr auf Sozialpädagogik als auf deren tatsächliche Fähigkeit, die Probleme des Landes anzupacken."

Um das Engagement seiner Regierung für die Rechte der Frauen zu unterstreichen, schuf Zapatero zudem ein Gleichstellungsministerium, an dessen Spitze die 31-jährige Bibiana Aido stehen wird. Sie ist das jüngste Kabinettsmitglied in der Geschichte Spaniens. Die aus Andalusien stammende Betriebswirtin soll sich auch um das Problem der alltäglichen Gewalt gegen Frauen kümmern. 2007 wurden in Spanien 71 Frauen von ihren Ehemännern oder Ex-Lebensgefährten umgebracht, Tausende weitere verprügelt oder misshandelt.

Obwohl Zapatero zu Beginn seiner ersten Amtszeit vor vier Jahren ein Gesetz zum Schutz vor dieser Art Gewalt verabschieden ließ, hat sich wenig geändert. Schon damals überraschte er Spanien mit einem paritätisch besetzten Kabinett. "Der Plage des kriminellen Machismo muss ein Ende bereitet werden", forderte der Regierungschef nun.

Dazu bedarf es nach Meinung von Soziologen eines Umdenkens in der Gesellschaft. Unter der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) waren Frauen praktisch entrechtet. Sie konnten nicht einmal ein eigenes Bankkonto eröffnen oder sich einen Pass ausstellen lassen, geschweige denn sich scheiden lassen. Zur "Züchtigung" durften sie sogar geschlagen werden. Den patriarchalischen Strukturen, die jene Zeit überlebt haben, hat Zapatero den Kampf angesagt.

Der Regierungschef selbst war am Samstag vom König vereidigt worden. Er steht wie in den vergangenen vier Jahren einer Minderheitsregierung vor. Zapatero wird aber nicht mehr mit festen Partnern, sondern mit wechselnden Mehrheiten regieren.

Dabei setzt er auf bewährte Mitstreiter. So gab es in den Schlüsselressorts seines Kabinetts keine Änderungen. Außenminister Miguel Angel Moratinos, Wirtschafts- und Finanzminister Pedro Solbes sowie Innenminister Alfredo Rubalcaba bleiben im Amt. Auch Vizeregierungschefin María Teresa de la Vega macht weiter. Insgesamt verließen vier Minister das Kabinett, fünf neue kamen hinzu. (dpa/red)