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VON ALEXANDER

SEPASGOSARIAN
Wenn man so will, dann stammen der beste Rotwein Spaniens sowie der beste Weißwein der Welt aus Mallorca. Denn bei Weinwettbewerben der unterschiedlichsten Art schnitten in den vergangenen Monaten zwei Gewächse der Insel entsprechend gut ab.

Bei dem Tinto handelt es sich um den „Finca Biniagual Negre 2005”. Ihn hatte eine Expertenrunde aus fünf anerkannten Önologen im November in Madrid aus 28 handverlesenen spanischen Edelroten (Preislimit 30 Euro) nach dreifacher Blindverkostung zum besten Wein der Runde gekürt. Die Sitzung der Weinexperten war bereits die sechste, die die Tageszeitung „El Mundo” alljährlich organisiert. Die Überraschung auf allen Seiten war groß. Angesichts der vielen traditionsreichen Rotweinregionen in Spanien hatte niemand damit gerechnet, dass ausgerechnet eine Cuvée von der Insel (Syrah, Cabernet, Manto Negro) das Rennen macht (siehe auch MM 51/2007).

Bei dem Weißwein wiederum handelt es sich um den „Son Blanc 2006” des Öko-Weingutes Can Majoral aus Algaida. Der aus Chardonnay-Trauben gekelterte Tropfen setzte sich im März auf dem angesehenen Madrider Wein-Wettbewerb Bacchus gegen 1683 andere Weine aus 17 Erzeugerländern als bester Weißwein durch. Eine Jury aus 80 Experten absolvierte die Blindverkosteten nach strengem Reglement (siehe MM 15/2008).

Die beiden genannten Beispiele sind nur die Spitze einer allgemeinen Anerkennung, die den Weinen aus Mallorca in jünster Zeit zuteil wird. Der Boom, den die Gewächse der Insel seit ein paar Jahren verzeichnen, setzt sich damit ungebrochen fort. Neu ist jedoch, dass es den Winzern besser gelingt, auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Es melden sich deutlich mehr zu den Messen und Wettbewerben an als noch vor acht Jahren. Die Zahl der Prämierungen, Auszeichnungen und Medaillen nimmt stetig zu. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass sich ein Winzer über eine Würdigung im In- oder Ausland freuen kann. Allein die Bodega Macià Batle in Santa Maria hat seit Januar fünf Auszeichnungen erhalten (siehe Kasten). Die Zeiten, in denen einzig Ánima Negra aus Felantix und Miquel Gelabert aus Manacor die Insel auf internationalem Parkett repräsentierten, sind vorbei (Gelabert hatte 2001 als erster Inselwinzer Gold auf dem Madrider Wein-Salon eingeheimst).

Natürlich ist nicht jeder Wettberwerb gleichermaßen renommiert, und mitunter werden die Auszeichnungen dort scheinbar en gros verteilt. Doch die seriösen Veranstaltungen stellen nach wie vor die Mehrheit. Und da die Winzer in anderen Anbauregionen ebenfalls nicht auf den Kopf gefallen sind, ist der Erfolg der Inselbodegas durchaus hart erarbeitet.

Die Tendenz hin zu mehr Qualität im Glas und professioneller Vermarktung zeigt kontinuierlich nach oben (anders als früher hat nahezu jede Bodega eine attraktive Homepage im Internet).

Peter Keller, Weinexperte der „Neuen Züricher Zeitung”, stellte unlängst im März fest: „Auf der Baleareninsel boomt der Weinbau. (...) Ohne Zweifel: Im idyllischen, ursprünglichen Mallorca herrscht abseits des Ballermann-Strandes önologische Aufbruchstimmung. Da jedoch die Landpreise wegen der vielen Touristen unaufhörlich steigen, ist auch der Weinbau nicht billig. Günstige Gewächse, und diese erst noch in akzeptabler Qualität, sind selten zu bekommen. Die besten Vertreter der Sonneninsel lohnen aber allemal einen Versuch.” Den Vorwurf, Mallorca-Weine seien zu teuer, wollen die Winzer nicht auf sich sitzen lassen. „Die Insellage macht die Produktion teuer”, räumt der Verbandspräsident der neun großen Weingüter, Ramon Servalls, ein. Gemessen an ihrer Qualität seien die Preise für Inselweine jedoch „keineswegs überzogen, sondern mehr als fair”. Eine Aussage, die vom Verbandspräsident der 23 kleinen Weingüter, Andreu Oliver, flankiert wird: „Angesichts der Kosten und der Qualität sind unsere Preise sogar knapp kalkuliert.” Oliver empfiehlt den Konsumenten, die Weine direkt bei den Bodegas zu kaufen. „Wenn ich sehe, wie die Restaurants die Preise gleich verdreifachen, stößt mir das jedesmal sauer auf.” Der Aufschwung des Weinbaus auf Mallorca lässt sich auch quantitativ belegen: 1995 zählte der Sektor auf den Inseln ein Dutzend Betriebe, heute sind es rund 70. Die Bandbreite ist faszinierend: Es gibt die traditionsreichen Familienbetriebe in vierter Generation wie Jose. L. Ferrer (Binissalem), Jaume Mesquida (Porreres), Pere Seda (Manacor), Miquel Oliver (Petra). Hinzu kommen Bodegas, die aus strategisches Investment heraus gegründet wurden wie Macià Batle (Santa Maria), Santa Catarina( Andratx), Vinya Taujana (Santa Eugenia. Weiter gibt es Kleinbetriebe, die sich der Herstellung von „Autoren-Weinen” verschrieben haben wie Miquel Gelabert und Toni Gelabert (beide Manacor), Son Prim (Santa Eugènia), Binigrau (Biniali), Es Butxet (Muro), Es Ramanyà (Santa Maria). Und Weinliebhaber sind nicht nur Spanier: Die Bodegas Biniagual (Binissalem), Castell Miquel (Alaró) und Can Vidalet (Pollença) haben deutsche Eigentümer.