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Juan Picornell rückt die Tasse auf dem Unterteller zurecht. So eine Tasse sei schließlich entscheidend: Das schlichte Weiß des Porzellans, die für die Lippen angenehme Rundung am Rand, vollkommene Sauberkeit. Picornell schwört auf sizilianischen Kaffee, achtet darauf, dass die Milchschäumer so eingestellt sind, dass sie genau jene Konsistenz erzeugen, die auch er bevorzugt: Nicht zu luftig, nicht zu cremig – und in der obersten Schicht zart marmoriert mit einer Blüte oder einem Blatt aus darübergestäubtem Zimtpuder.

Schließlich gibt dieses schaumige Gesamtkunstwerk Picornells Unternehmen seinen Namen: „Grupo Cappuccino“. Ein Schaumschläger aber ist der Chef des mallorquinischen Restaurant-Imperiums nicht – Picornell ist ein Macher. Einer, der 350 Angestellte beschäftigt, weil bei ihm Präzision an erster Stelle steht – und er im Verborgenen. Nicht mal fotografieren lassen will sich der Medienscheue: Dabei macht der 36-Jährige selbst früh morgens eine gute Figur – edler Zwirn, akkurater Scheitel, breite Schultern, markantes Gesicht. Aber Picornell möchte nicht im Vordergrund stehen – sondern seine Marke. Und mit der geht es immer steiler bergauf.

Acht Kaffeehäuser hat die Kette, das letzte kam vor wenigen Wochen in Valldemossa dazu, Anfang Juli wird ein weiteres „Cappuccino“ in Palmas Carrer Sant Nicolau eröffnen: „Das wird unser Flaggschiff werden, etwas ganz besonderes.“ Denn das Lokal ist in der einstigen historischen Stofffabrik Can Ribas untergebracht. Der Gast soll dort künftig neben liebevoll wieder aufgebauten Regalen mit bunten Garnrollen und Stoffbahnen seinen Kaffee zu sich nehmen oder speisen – „70 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit Gerichten“, sagt Picorell. Zweimal im Jahr lässt er die Karte ändern, vor zwei Wochen sind chinesische Nudeln und gefüllte Pasta dazugekommen. Vor einem halben Jahr hat er deswegen auch einen Take-Away-Shop mit ausgewählten Häppchen nahe der Plaça Major in Palma eröffnet, dieses Jahr soll ein weiterer dazu kommen. Schon als Junge habe er davon geträumt, in der Gastronomie etwas zu erreichen, erzählt er. Aber nach dem frühen Tod des Vaters musste er das Tourimusstudium abbrechen, verdingte sich als Steward.

Heute sieht er darin den Grundstein für den Stil seiner Lokale, von denen er 1993 das erste in Palma Nova eröffnete: „Ich kam in ganz Europa herum, ließ mich inspirieren.“ Das „very sophisticated“ seines Geschmacks aber hat er im Blut: Picornells Mutter ist Britin, seine Ferien verbrachte er immer in Nordengland. Auch heute ist er alle paar Wochen in London, wünscht sich, dass sein vierjähriger Sohn und seine zweijährige Tochter dort einmal studieren. Bis dahin könnte sich die Marke „Cappuccino“ dort etabliert haben. Picornell denkt an vier, fünf britische „Cappuccinos“, hat große Expansionspläne. Was er nicht hat, ist Eile: Erstklassige Lage ist Hauptkriterium – wenn er sich einen Platz in den Kopf gesetzt hat, lässt er nicht locker. Auf das Eckhaus gegenüber der Valldemossa-Kartause wartete er über zehn Jahre. Auch Berlin fällt, wenn er über Expandieren spricht, Düsseldorf. Noch sind es nur Ideen. Picornell will viel – aber nichts um jeden Preis. Acht Jahre hielt er eine Franchise-Filiale auf Menorca, nach schlechten Erfahrungen entzog er die Marke. Auch die hauseigenen Restaurants „Minimal“ in Portals und Molinar verkaufte er. „Konzentration ist alles“, sagt er, „ich weiß nunmal genau, was ich will.“