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Für die einen gehören sie zu den faszinierendsten Lebewesen der Welt, für die anderen sind sie der blanke Horror. Quallen aus der Sicht von Badenden sind in der Tat äußerst unangenehm. Es glitscht und glibbert im Vorbeischwimmen, und im schlimmsten Falle erzeugen die Tentakel auf der Haut lebensgefährliche Verbrennungen.

Doch mit diesen Mechanismen haben die Tiere in den Weltmeeren seit mehr als 500 Millionen Jahren überlebt, ohne sich evolutionär zu verändern. Die gallertartigen Nesseltiere bestehen zu 95 Prozent aus Wasser. Die meisten Quallen haben lange Tentakel, die mit Nesselzellen ausgestattet sind. Mehr als eine Million Nesselzellen finden sich auf einem Quadratzentimeter Tentakel. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren oder zur Verteidigung. Kommt es zu einer Berührung am Ende der Zellen, wird das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende Gift abgegeben.

Auf der Haut verursacht das über die Nesselzellen abgesonderte Sekret meist einen brennenden Schmerz, Hautrötungen oder juckende Ausschläge. Unbehandelt ist die Wirkung mit einer leichten Verbrennung zu vergleichen. Als lebensgefährlich gilt die Berührung mit der australischen Seewespe oder der portugiesischen Galeere. Die Seewespe, die vor allem im Pazifik vorkommt, gehört zu den giftigsten Tieren der Erde. Eine Berührung mit ihnen kann innerhalb weniger Minuten tödlich sein.

Im Mittelmeer haben wir es bei den Feuerquallen vor allem mit "Aurelia" zu tun, wie Diana Alonso, Biologin im Palma Aquarium erklärt. Die kleine giftige Qualle wird besonders im Frühsommer durch Strömungen an die Küsten der Insel getrieben. In diesem Jahr seien besonders viele beobachtet worden, warum das so sei, darüber gibt es unter Wissenschaftlern bisher nur Spekulationen. Doch allein im vergangenen Jahr musste das Rote Kreuz an Spaniens Stränden rund 130.000 Mal Erste Hilfe leisten. Rund 60 Prozent der Fälle hing mit giftigen Quallen zusammen.

Ob und warum sich die weltweite Quallenpopulation tatsächlich von Jahr zu Jahr erhöht, konnte noch nicht konkret nachgewiesen werden. "Wir wissen nur, dass sich die Populationen in einem Zyklus von zehn bis zwölf Jahren rund drei bis vier Jahre lang drastisch erhöhen, und das sich dieser Zeitraum des vermehrten Auftretens verlängert." Der Klimawechsel, steigende Luft- und Wassertemperaturen, vermehrte Niederschläge und Überfischung könnten laut Alonso Gründe dafür sein, dass Jahr für Jahr größere Quallenbänke vor den Küsten gesichtet würden. "Die kurzen, milden Winter der letzten Jahre haben die Wassertemperatur ansteigen lassen. Dadurch werden Strömungen verursacht, die die Quallen vermehrt an die Küsten treiben." Das kann Badefreuden trüben, denn obwohl die Quallen weder sehen noch denken können, sind sie mit exzellenten Tastorganen ausgestattet. Erkennen sie damit bei Berührung ein anderes Objekt als "Nicht-Qualle", schießen sie ihr Nesselgift ab. Doch in diesem Zusammenhang machten Wissenschaftler eine kuriose Entdeckung: Dem Anemonenfisch, der auch Clownsfisch genannt wird, können auch die giftigsten Quallen nicht gefährlich werden, weil seine Haut mit einer Substanz überzogen ist, die den Quallen bei Berührung vorgaukelt, es handele sich um einen Artgenossen.

Das brachte Wissenschaftler auf die Idee, das Prinzip auch für die menschliche Haut zu kopieren. Der israelische Meeresbiologe Amit Lotan und seine Frau, die Molekularbiologin Tamar Lotan, forschten zehn Jahre lang und stellen seit 2000 aus dem Sekret des Clownsfisches eine Creme für Badeurlauber, Wassersportler oder Fischer her. Sie entwickelten den weltweit patentierten und künstlichen Ersatzstoff "SafeSea", der in gleichnamigen Produkten und bestimmten Sonnencremes enthalten ist, und der, gründlich aufgetragen, die Badenden zu 100 Prozent vor den giftigen Nesseln schützt.

Mit dieser Creme auf der Haut wird den Quallen bei Berührung vorgemacht, sie hätten es mit einer anderen Qualle zu tun.
Den lebenden Beweis dafür konnten kürzlich Zuschauer im Palma Aquarium erleben, als die vierfache Weltmeisterin im Kitesurfen, Silvia Pulido, ins Quallenbecken des Aquariums stieg. Sie hatte sich zuvor mit einer SafeSea-haltigen Sonnencreme eingerieben und konnte tatsächlich die giftigen Tiere ohne Schaden berühren, in die Hand nehmen und sogar streicheln. Wichtig sei es, so erklärte Josep Montero von der Hersteller-Firma Isdin, sich eine halbe Stunde vor dem Strandbesuch gründlich einzucremen und dies nach jedem Bad zu wiederholen.

Wer diesen Quallenschutz nicht hat und verbrannt wird, sollte folgende Hinweise beachten: Eventuelle Reste der Tentakel auf der Haut vorsichtig mit einer Pinzette oder der Kante einer Kreditkarte entfernen. Nicht rubbeln oder mit den Fingern berühren. Stelle mit Essig oder Salzwasser abspülen und kühlen.