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VON NIELS BRITSCH

Mallorca. Christoph Daum, Michel Friedmann, Konstantin Wecker, Reinhard Fendrich – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen: Prominente, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Kokainkonsum in die Schlagzeilen geraten sind. Die illegale Substanz gilt als Droge der Reichen, Berühmten und Mächtigen, doch sie hat längst auch die restlichen Gesellschaftsschichten erobert.

Vor allem in Spanien ist das „weiße Pulver” in manchen Teilen der Gesellschaft zur Alltagsdroge geworden. Nach einer aktuellen Meldung weisen fast alle spanischen Banknoten Kokain-Rückstände auf (das Pulver wird meist durch zusammengerollte Geldscheine in die Nase gezogen) und Statistiken besagen, dass mehr als vier Prozent der Spanier im vergangenen Jahr Kokain konsumiert haben. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen.

Spanien und die Niederlande gelten als Hauptumschlagsplätze für Kokain, vor allem über die Iberische Halbinsel wird die Droge nach Europa gebracht. Als Mittelmeer-Anrainer und wegen der traditionell engen Beziehungen zu den lateinamerikanischen Staaten (Kolumbien, Peru und Ecuador sind Hauptanbaugebiete des Coca-Strauches) spielt Spanien eine besondere Rolle bei der illegalen Einfuhr von Kokain über den Seeweg.

Weit mehr als 40 Prozent der Spanier, die eine Drogentherapie machen, sind kokainabhängig. Auch der Psychologe Dr. Mario Scheib aus Palma kann eine Zunahme des Kokain-Konsums auf Mallorca bestätigen: „Der Gebrauch ist sehr verbreitet und die problematischen Folgen momentaner Konsumhäufungen werden erst in ein paar Jahren sichtbar. Wobei es sicherlich viele Menschen gibt, die es noch unter Kontrolle haben.” Wann jemand süchtig werde, sei persönlichkeitsabhängig und hänge auch von der jeweiligen Lebenssituation des Konsumenten ab. Auch die Grenzen zwischen körperlicher und psychischer Abhängigkeit seien fließend. „Der einmalige Konsum macht sicherlich nicht gleich süchtig, er kann aber trotzdem schon gesundheitsschädigend sein, das ist auch von der Dosis und der Reinheit des Kokains abhängig”, so der Experte. „Der regelmäßige Konsum kann zu schweren depressiven Störungen führen und hat ganz konkret Auswirkungen auf den Hirnstoffwechsel. Außerdem kommt es zu lokalen Schädigungen in der Nase.” Wann jemand tatsächlich süchtig sei, könne man bei Kokain jedoch schwer sagen: „Es gibt keine Grenze wie beim Alkohol, wo man ab einer bestimmten Tagesdosis von einer Abhängigkeit sprechen kann.” Man müsse den regelmäßigen Konsum möglichst frühzeitig problematisieren, „dann ist es relativ leicht zu behandeln.” Der Gebrauch von Kokain vermittle den Eindruck erhöhter Leistungsfähigkeit und besonderer Kreativität. Vorübergehende Wachheit und oftmals auch „sexuelle Steigerungen” machten die Droge laut Scheib so attraktiv. „Man muss schauen, welche Wirkung den Konsum so toll macht und hinterfragen, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, dass der Konsument sich entsprechend gut fühlt.”