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Sie blinken und schillern in den schrillsten Farben, haben aufwendige Intarsien, Ornamente oder Drehzylinder und faszinierende Licht- und Schattenspiele: Juke-Boxen sind nicht nur was für‘s Ohr, sie sind vor allem was für‘s Auge. Oder für‘s Herz: Zumindest hat der 52-jährige Schweizer Jean-Pierre Beyeler seines an sie verloren. Zu Tausenden hat er die bunten Musikboxen bereits restauriert und vertreibt die Raritäten. Im schweizerischen Kirchdorf hat er das weltweit größte Juke-Box-Museum der Welt eingerichtet, ein weiteres führt er im Hotel „Imperial Palace“ in Las Vegas. Seit zehn Jahren kennt Beyeler Mallorca, pendelt zwischen Manacor, den USA und dem Berner Oberland. Wenn es etwas Wissenswertes über Juke-Boxen zu sagen gibt: Beyeler weiß es.

Er hat jede „Wurlitzer“, die seit der Ersten im Jahr 1932 gebaut wurde, aber auch die schönsten Modelle der ebenfalls sehr bekannten Marken „Rock-Ola“, „Seeborg“ oder „Ami“. Vor 32 Jahren fing er an, die Musikboxen aufzukaufen, „da haben viele über mich gelacht und sich gefragt: Was kauft der denn für einen Scheiß?“ Aber die bunten Plattenspieler sind heute gefragt wie nie, kosten zwischen 2000 und 100.000 Euro.

Ein 100.000-Euro Modell stellt Beyeler derzeit im Hotel Lindner in Bendinat aus: Sie stammt aus dem Jahr 1942, ist extrem selten und aufgrund des Farbspiels, das „Wurlitzer“ in den Modellen zwischen 1940 und 1948 einbaute, besonders begehrt. „Unser Problem ist, dass die Nachfrage viel höher ist als das Angebot“, erklärt er. 20 Agenten fahren auf der Suche nach den bunten Boxen in Süd- und Nordamerika umher – wenn sie fündig werden, dann meist in Scheunen oder auf Dachböden, in denen im hintersten Eckchen noch eine morsche und marode Juke-Box vergessen wurde: Denn nach den 50er Jahren galten die Boxen als nicht mehr aktuell, wurden verramscht oder weggeräumt. Heute haben die ganz alten Modelle von 1932 bis 1953, die 48 Titel spielen und wie ein Grammophon funktionieren, einen Wertzuwachs von jährlich um die zehn bis 15 Prozent. Ebenfalls hoch im Kurs stehen die Nachfolgemodelle bis 1962, die zum Abspielen von Singles gebaut wurden, ab den 80er Jahren wurde dann mit CDs aufgerüstet. Wer mag, kann sich im Zuge der Renovierungsarbeiten jetzt aber auch einen MP3-Stick einbauen lassen.

Oder andere Sonderwünsche äußern: Zum Beispiel lieferte Beyeler eine besonders exklusive Juke-Box aus dem Jahr 1942 in die Arabischen Emirate: Veredelt mit Edelsteinen im Wert von 500.000 Dollar. „Die Emirate sind ein sehr guter Markt, aber auch Russland – dort kennt man so etwas nicht und alle stehen auf Unikate.“ Hier finden auch weitere von Beyelers Leidenschaften großen Zuspruch: Denn er sammelt und vertreibt auch Tanksäulen, Cola-Maschinen, Neonschriften – alles aus der Erlebnisgastronomie der 40er bis 60er Jahre. Besonders schrill aber sind seine Autosofas: Hecks oder Fronten, in denen er aufwendige Ledergarnituren integriert hat. „Denkbar ist jedes Modell – alles ist nur eine Zeit- und Preisfrage.“ Zwischen 7000 und 20.000 Euro kosten die abgefahrenen Sofas, neulich hat er auch einen Mercedes 300 Gullwing mit Flügeltüren zu einer Bar umfunktioniert: Das 80.000 Euro teure Stück steht jetzt in seinem Museum. Aber auch Betten oder Schreibtische zaubert er aus den Autoteilen, „am gefragtesten sind Wagen zwischen 1952 und 1959 aus Amerika“. Wer vermutet, vor allem junges Publikum habe Gefallen an der knalligen Ware, hat weit gefehlt: „Viele holen sich damit ein Stück Jugend zurück, lassen sich dann zum Beispiel ihr erstes Automodell als Sofa bauen.“ Neulich habe er für ein 80-jähriges Ehepaar ein pinkes Cadillac-Schlafzimmer konstruiert: Inklusive Autoradio und Scheinwerferlampen versteht sich. Auf Mallorca stellt Beyeler derzeit neben der Wurlitzer im Hotel Lindner auch ein 59-er Cadillac-Sofa und eine „Rock-Ola“ von 1946 bei „Unicorn“ sowie eine Juke-Box in der populären Hafen-Form aus dem Jahr 1947 bei „Intermöbel“ in Manacor aus. Aber schon bald sollen noch mehr der Sammlerstücke auf die Insel kommen: Beyeler plant einen großen Showroom mit Fundstücken der „Golden Fifties“.