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Der Wirbel, ja selbst die harsche Kritik, sagt Ramón Cosías, Leiter der Buchabteilung im „El Corte Inglés” in der Jaume III., habe dem Verkauf nicht geschadet – im Gegenteil: „Wir bieten die Biografie schon seit letzten Donnerstag an. Sie kommt bei unseren Kunden sehr gut an.” Auf einem Extra-Tisch mit dem Schild „Ultimas novedades” warten noch rund 50 Exemplare von „La Reina de muy cerca” der Autorin Pilar Urbano (Planeta Verlag) für 19 Euro auf Käufer. Ob demnächst schon mit einer deutschen Übersetzung zu rechnen ist, vermag Ramón nicht zu sagen: „Abwarten.”

Auch wenn sich die Wogen nach verbaler Abschwächung aus dem spanischen Königshaus – die Äußerungen seien teils „privat”, teils „ungenau” wiedergegeben worden – bis dato ein wenig geglättet haben: Einige der veröffentlichten Zitate der spanischen Königin aus der Biografie, die pünktlich zu ihrem 70. Geburtstag am 2. November erschien, hatte vor allem bei Schwulen- und Frauenverbänden und Politikern der Linken heftige Proteste ausgelöst. Denn: Unerwartet unbedacht hatte sich die Königin etwa gegen Abtreibung, Sterbehilfe und Frauenquote, wie auch gegen gleichgeschlechtliche Ehen ausgesprochen: „Wenn solche Leute zusammenleben wollen, sich als Braut und Bräutigam kleiden und heiraten wollen, dann können sie das tun, aber das sollte nicht Ehe genannt werden, denn es ist keine”, wird sie in dem Buch zitiert.

Und das in einem Land, das seit 2006 nicht nur die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht, sondern als eines der wenigen gilt, in dem homosexuelle Paare die gleichen Rechte haben wie heterosexuelle und Kinder adoptieren können. Dennoch leistete ausgerechnet Ministerpräsident (und „Frauenquotler”) Zapatero der Königin deutlich Beistand, indem er verkündete, die Spanier seien „stolz” auf sie.

Weniger gelassen soll König Juan Carlos reagiert haben. Auch in der spanischen Presse, wie etwa „El Mundo”, ging man mit Sofía hart ins Gericht: Die Königin habe die Tradition der „Neutralität” durchbrochen, wonach Mitglieder der königlichen Familie sich nicht zu strittigen Themen der Tagespolitik äußerten. Der Preis, den Juan Carlos für seine verfassungsmäßig festgehaltende Unangreifbarkeit als oberster Repräsentant der Spanier zahlt, ist seine „Nichteinmischung”. Und nun kratzt ausgerechnet seine Gattin, die jahrzehntelang als Personifikation der Diplomatie schlechthin galt, am Lack des „gentlemen's agreement”. Schon spinnt eine andere Zeitung, „El País”, den Faden weiter: Man könne ja nun auch umgekehrt zu Interna der Casa Real Stellung nehmen, warum etwa das Königshaus in Krisenzeiten jährlich über acht Millionen Euro aus dem Staatshaushalt bekommen müsse.

Vom Tisch sind sie noch nicht – weder die Bücher von Pilar Urbano, noch die Vorwürfe gegen die Königin. Die Buchautorin wehrt sich indes gegen Äußerungen, wonach sie Sofía „nicht korrekt” zitiert habe: Ihr Buch gebe genau wieder, was die Königin gesagt habe, sei sogar vom Königshaus gegengelesen und nicht beanstandet worden.

Der Übergang ins Humoristische ist, wie so oft, fließend. So bestätigt die zurzeit recht redselig erscheinende Königin am Vorabend ihres Geburtstages Journalisten, dass sie die Urheberin der Fotomontage der Königsfamilie gewesen sei, die Weihnachten 2005 wegen handwerklicher Mängel – dem König fehlte ein Bein, einem Enkel ein Arm – Aufsehen erregte. Und: In ihrer just in der Kritik stehenden Biografie kommentiert Sofía aus- gerechnet auch den legendären Satz, den Juan Carlos Ende 2007 Venezuelas Präsident Chávez an den Kopf warf: „¿Por qué no te callas?”. Warum hältst du nicht die Klappe?