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Ein strahlend blauer Himmel spannt sich über die berühmt-berüchtigte "Schinkenstraße" an der Playa de Palma. Wo im Sommer Tausende bierseelig über das Pflaster wanken und lauthals Schlager mitsingen, herrscht in diesen Tagen beschauliche Ruhe. Die Temperatur beträgt gefühlte 15 Grad, die Luft schmeckt salzig, in den Kiefern rauscht die Meeresbrise. Für deutsche Verhältnisse ist das ein warmer Fühlingstag. Überwintern auf Mallorca hat mit Schnee, Eis und Schmuddelwetter selten etwas gemein.

Am oberen Ende der Schinkenstraße befindet sich das Hotel Pabisa Bali. Im Roten Salon der Herberge sitzen ein Dutzend Damen beim Malkurs zusammen. Mit Aquarellfarben zaubern sie Blumen, Früchte, Landschaften aufs Papier. Die studierte Künstlerin Anne Scherbel gibt Tipps. Jünger als 60 ist kaum eine der Frauen. Die Seniorinnen sind allesamt Langzeiturlauber, die auf die Reise- und Freizeitangebote des TUI Club Elan zurückgreifen. Die meisten von ihnen verbringen auf diese Weise vier Wochen auf Mallorca, andere sechs, manche sogar zwei Monate, wie etwa Erika Vogl. Sie sei frisch in Rente und habe sich zum ersten Mal für diese Art Urlaub entschieden, erzählt die Münchnerin. "Ich habe mir gesagt, jetzt bin ich an der Reihe." Ihre Freundin sei schon seit zehn Jahren eine große Verfechterin der Langzeiturlaube samt Freizeitgestaltung in Form des Elan-Clubs. "Die erschien immer wie aus dem Jungbrunnen." Auch Vogl erfuhr bereits die wohltuende Wirkung von Urlaub, weit weg von Frost und Kälte, am eigenen Leib: "Ich bin mit zwei Krücken angereist, und habe sie schon weggestellt." Neben dem TUI Club Elan, der früher Club Mallorquin genannt wurde, hält Mitbewerber Neckermann (Thomas Cook) für seine Reisenden den Club Vital (früher Club Schwalbe genannt) bereit.

Die Idee, Gäste zum Überwintern nach Mallorca zu locken, hatte 1962 der mallorquinische Hotelier Luis Riu. Auf diese Weise brauchte er seine Häuser an der Playa de Palma im Winter nicht zu schließen. Allerdings brauchten die Gäste, in der Regel Rentner, auch Unterhaltung, Betreuung und die Sicherheit eines Arztes in der Nähe. So wurden die Clubs geboren.

Gerne erinnern sich altgediente Hoteliers daran, wie diese Gäste in den 1980er Jahren meist zwei, drei Monate auf Mallorca verweilten. "Damals stellten sie 30 bis 40 Prozent unserer Wintergäste", sagt der Präsident des Hotelverbandes Playa de Palma, Xisco Marín. Heute sei dieser Anteil sehr gering. Der Grund: Die Lebenshaltungskosten in Spanien waren vor 20 Jahren rund 30 Prozent niedriger, und die Kaufkraft der Überwinterer aus Deutschland, Frankreich, Skandinavien war ebenfalls etwa 30 Prozent höher als heute, schätzt Marín. Für Senioren war Überwintern auf Mallorca damals billiger und wohltuender als in der kalten Heimat.

Gleichwohl gibt es auch heute durchaus Langzeit-Pauschalreiseangebote von zwölf Wochen Dauer. Allerdings sind es beim Club Elan nach TUI-Angaben gerade noch drei Prozent Urlauber, die acht Wochen und mehr buchen. Hingegen bevorzugen 66 Prozent als Langzeiturlaub vier Wochen, 27 Prozent verweilen sechs Wochen.

Die Tendenz, gleich drei Monate zu verreisen, hat demnach stark abgenommen. Die Menschen verreisen lieber kürzer, dafür aber öfter, heißt es bei TUI und Neckermann unisono.

Auch die Damen vom Malkurs können sich nicht recht vorstellen, drei Monate von daheim wegzubleiben. "Ideal sind sechs Wochen", sagt Sabine Schachinger, ebenfalls aus München. Aber länger will sie nicht fort. Denn: "Zuhause ist es doch auch schön." Die Werke des Malkurses werden an diesem Donnerstag, 22. Januar, ausgestellt. Hotel Pabisa Bali in der Schinkenstraße, Roter Salon, 15 bis 17 Uhr.