Gähnende Leere. Gelangweilte Gastronomen hängen hinter den
Tresen, nur in ausgesprochen günstigen Lokalen sind ein paar Tische
besetzt: Ein Donnerstagabend auf der Fressmeile des Santa
Catalina-Viertels in Palma. Ein Bild, wie es vor einem Jahr kaum
auszudenken gewesen wäre - wo sonst nur jener einen Tisch bekam,
der rechtzeitig reserviert hatte, herrscht Totentanz. So treffend
beschreibt es Ulli Beckmann, Inhaber des "Sambal".
"Bei allen Lokalen, in denen man ab 20 Euro aufwärts isst,
herrscht absolute Alarmstimmung." Nur an den Wochenenden ist noch
etwas los. Die Lust auswärts essen zu gehen, verging vielen schon
zu Winteranfang, doch nun scheint in der Gastronomie ein absoluter
Tiefpunkt erreicht. Vor allem die Spanier, so sind sich alle einig,
bleiben weg - und auch englische Kunden essen aufgrund des
gebeutelten Umrechnungskurses scheinbar lieber zu Hause. "Verdienen
tut derzeit niemand, das kann mir keiner erzählen", meint Beckmann,
bei vielen gehe es mittlerweile ums pure Überleben.
Wer ausgehen will, kann sich dagegen freuen: Kein langes Warten,
keine überfüllten Lokale. Und seit wenigen Tagen wird auch
ordentlich am Preis geschraubt - oder Sonderangebote als
Rettungsanker auf den Markt geworfen. Allgemeiner Grundtenor: Es
muss etwas geschehen. Doch was? Es ist ein difiziler Spagat auf
schmalem Grat: Preise senken, ohne die Glaubwürdigkeit zu
verlieren; auch nicht zu tief - um sie im Sommer ohne Aufschrei
wieder anheben zu können; guten Service bieten und dennoch Personal
einsparen; simplere Gerichte kochen, aber doch der Philosophie des
Hauses treu bleiben.
Keiner, der nicht irgendwie versucht, mehr Gäste anzulocken. Im
hochpreisigen "Sea" in Cala Estáncia isst man so günstig wie nie:
Bei 25 Euro liegt das dreigängige Menü, von montags bis mittwochs
gibt es abends noch eine Flasche Wein, ein Qualitätstropfen
wohlgemerkt. Geradezu aufsehenerregend auch das Angebot des
"Abolondo" im Zentrum Llucmajors. Hier ist der Name des
Mittagsmenüs Programm: "Anti crisis", für schlappe sechs Euro.
Außer dienstags - da tischt Patricia Pina sogar für nur drei Euro
Suppe, Fleischgericht, Dessert, Wasser, Brot und Wein auf. "Gewinn
machen wir nicht, eher Verlust - aber wenigstens promoten wir unser
Lokal."
Eine Rechnung, die zumindest dem Augenschein nach aufgeht:
dienstags tut man gut daran, hier zu reservieren. Aber nicht jeder
kann und will Dumpingpreise auf die Karte schreiben. "Ich halte
meine Preise seit drei Jahren konstant", sagt Louis Kampfhammer,
Inhaber des "S'Olivera d'en Louis" in Llucmajor, "dabei müsste ich
sie eigentlich anheben - allein der Bierpreis hat ordentlich
angezogen." An ein Reduzieren sei wegen der Fixkosten nicht zu
denken. Um den Kunden dennoch entgegenzukommen, brunchen sonntags
jetzt vier Personen für den Preis von drei.
"Das kann man verantworten - zwei für den Preis von einem ginge
schon wieder nicht." Auch Michael Reljic hält von Schleuderpreisen
nichts, "wie soll man das Niveau sonst, wenn sich die Lage
entspannt hat, jemals wieder anziehen können?" Der Chef des
"Picasso" in Palma hat dennoch ein paar Gerichte um ein, zwei Euro
nach unten korrigiert, "allein um die Situation ganz menschlich
anzugehen". Sein Ansatz: Gästen verstärkt das Gefühl geben, dass
auch der, der wenig konsumiere, hochgeschätzt sei. "Auf Wunsch
mache ich Gerichte kleiner und damit günstiger. Auch wenn sich zwei
Vorspeise und Hauptgang teilen oder kein Trinkgeld geben, ist das
vollkommen ok! Das muss man den Gast spüren lassen."
Auf mehr Essen für den kleinen Preis setzt Ulli Beckmann vom
"Sambal": Ab sofort ist am Mittwoch- und Donnerstagabend "Pizza-
und Pastaparty". Für 9'90 Euro kann man essen, so viel man will -
demnächst wird es günstige Cocktails geben. "Ich denke nicht, dass
Sonderaktionen an der generellen Bereitschaft der Kunden etwas
drehen können", kommentiert Michael Reljic, "um damit Erfolg zu
haben, muss man es erst ein Vierteljahr richtig bewerben - und das
kostet ja wieder." Kostengünstiger und mit weniger Personal
produzieren, billiger anbieten ist das Motto der Restaurants der
"Grupo Golden Door". "Wir sind zurückhaltend, verzichten darauf uns
zu verkünsteln, bieten mehr Gerichte ohne Schnörkel", erklärt
Unternehmenssprecherin Antje Reepmeyer, "aber wir sind
zuversichtlich. Noch kann man sagen, es liegt nur an der
Jahreszeit."
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