Ob per Handschlag oder Vertrag: Auf Mallorca haben deutsche Betrüger oft leichtes Spiel.

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In den 90er Jahren, sagt Rechtsanwalt Hans von Rotenhan, hatte Mallorca in den Medien das Image einer "Insel ohne Gesetz". Heute habe sich die Situation zwar leicht entspannt, der Anwalt geht aber davon aus, dass immer noch "um die 20 Prozent" seiner Landsleute weder "freiwillig noch wegen Sonne und Meer" auf der Insel sind, sondern untertauchen: "Hier schwimmt der Kleinkriminelle wie der Fisch im Wasser."

Weil er unter den vielen Deutschen kaum auffällt, biete sich Mallorca an, wenn jemand vor Justiz oder Finanzamt flüchten müsse - "und dazu noch keine fremde Sprache spricht". Steuerhinterzieher, sagt Hans von Rotenhan, gehörten genauso dazu wie Nichtzahler von Alimenten. Oder Wirte, die ihre Bier-Zeche prellen: "Sie glauben gar nicht, wie viele Brauereien hier hinter ihrem Geld her sind." Und da zum Betrügen bekanntlich immer zwei gehören, sagt Hans von Rotenhan - "Ein Dummer und ein Gescheiter" - kommt den fehlenden Sprachkenntnissen, die Kleinkriminelle nach Mallorca treiben, auch bei den Opfern eine Schlüsselrolle zu: "Da sie kein Spanisch sprechen, bleiben sie auf andere Deutsche angewiesen. Werden sie dann über den Tisch gezogen, wissen sie noch nicht mal, an wen sie sich wenden sollen."

Auch für Rechtsanwalt Manuel Stiff führt die gemeinsame Muttersprache oft zu einem irrationalen "Vertrauensvorschuss" gegenüber anderen Deutschen. Ist man erst einmal zum Betrugsopfer geworden, ist der Gerichtsweg auf Mallorca äußerst mühsam, so der Anwalt: "Die spanische Justiz ist noch nie durch eine ausgeprägte Motivation aufgefallen." Wenn sich "Deutsche mit Deutschen kloppen" sei das Interesse an einer raschen gerichtlichen Einigung noch einmal geringer. Auf Mallorca, so Stiff, seien vor allem die Amtsgerichte in Manacor und Inca "super-lahm". Die Ursachen für die langen Verfahrenslaufzeiten seien vielschichtig, eine davon sei das gängige Prozedere in spanischen Gerichtssälen, die mündlichen Vernehmungen auf DVD aufzunehmen. "Dieses Protokollinstrument, das unter anderem Personal einsparen soll, zieht die Entscheidungsprozesse immens in die Länge."

Manuel Stiff bestätigt, dass die Dichte an "Pleitegeiern", die in Deutschland Insolvenz angemeldet haben, auf Mallorca überproportional hoch ist. Mindestens drei laufende Akten, in denen Gläubiger aus Deutschland hier auf der Insel versuchen, ihr Geld einzutreiben, beschäftigen zurzeit seine Kanzlei. Bevor jedoch ein Schuldner nicht rechtskräftig verurteilt sei, habe das Opfer keinerlei Chance, zu seinem Recht zu kommen. Und selbst wenn ein "tolles Urteil" erstritten wurde, sei es oft nur "ein Dokument mehr für die Pinnwand": "Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen."

Dennoch warnt auch Rechtsanwalt Arno Meuser Gläubiger dringend davor, ihren Forderungen nun eigenmächtig Nachdruck zu verleihen: "Da hat man schnell den nächsten Ärger in Form einer Verleumdungsklage am Hals." Sich wie im Fall von Christian A. (siehe rechts) zu einer Gläubigergemeinschaft mit anderen Opfern zusammenzuschließen, könne indes Sinn machen: "Schon um die Prozesskosten zu reduzieren."

Wichtiger jedoch seien vorbeugende Maßnahmen, um gar nicht erst zum Opfer der vielen "Glücksritter" zu werden, die gerade in Zeiten der Krise die Insel ins Visier nehmen. Die Qualität der Leute, die hierher kommen, um eine neue Existenz aufzubauen, habe in den letzten drei Jahren sehr nachgelassen. "Die meisten von ihnen haben nur eine kurze Überle-benschance", sagt Arno Meuser. "Maximal drei Monate." Vermietern rät er, sich künftig noch gründlicher über "Identität und Bonität" ihrer potenziellen Mieter zu informieren.

Hans von Rotenhans Tipp, um gar nicht erst in den Teufelskreis zu geraten, klingt einfach: "Spanisch lernen." Der Anwalt rät "Insel-Newcomern", nicht gleich eine Immobilie zu kaufen, sondern zunächst nur anzumieten: "Um das Terrain zu sondieren und zu sehen, was hier läuft." Und noch eines fügt er hinzu: "Eine gute Gestoría schadet nie."