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Schweinehackfleisch, roh und luftgetrocknet, macht sie aus: Die "Sobrassada" ist aus der mallorquinischen Küche ebenso wenig wegzudenken wie Paprikasalami ("chorizo"), Schweinelende mit Kohl ("lomo con col"), Spanferkel ("lechona") oder Lammkeule ("pierna de cordero"). Traditionsrestaurants wie das "Can Mateo" oder "Can Torrat" mit ihren gigantischen Grills gehören zu den liebsten Speiseplätzen der Insulaner. Eine Studie der französchen Fleischbranche und -forschung (IRTA) von 2007 zeigt: Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von rund 114 Kilo pro Jahr - 58 Prozent Schwein, 24 Prozent Geflügel und 13 Prozent Rind - , liegt Spanien in Sachen Fleischkonsum EU-weit ganz vorn.

Bald Geschichte? Denn aus Deutschland, genauer: der Universität Göttingen, dringt die Botschaft, dass sich bei den Essgewohnheiten - zumindest der Oberschicht - "historische Umwälzungen" ankündigen. Aßen die Menschen früher um so mehr Fleisch, je höher ihr gesellschaftlicher Status war, soll sich der Trend nun umkehren: Laut Nationaler Verzehrstudie sinkt der Fleischkonsum mit steigendem Bildungsniveau und Einkommen. Fleisch droht zum Unterschichtsprodukt zu werden, so das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie über das Image der Fleischwirtschaft in der Bevölkerung. Dazu trugen vor allem wiederkehrende Gammelfleischskandale bei, schon seit der BSE-Krise in den 1990er Jahren kämpfen die Anbieter mit Imageproblemen.

Zudem beklagen Organisatoren wie Foodwatch die fehlende Transparenz: Trotz Verbraucherinformationsgesetz erfahren die Bürger nicht, wo Gammelfleisch verkauft wurde. Nicht nur bei der Kennzeichnung ermittelte Stiftung Warentest bei vielen Herstellern Schwachstellen, sondern konstatierte daneben Qualitätsprobleme, was Geschmack, Keim- und Schadstoffbelastung von Fleischerzeugnissen angeht. Und so wie jetzt erneut die "Schweinegrippe" bei vielen die Frage aufwirft, ob sie noch Schweinefleisch essen dürfen, nimmt die Verunsicherung des Verbrauchers zu - und der Fleischanteil auf seinem Teller ab.

Das kann auch Koch und Buchautor Gerhard Berktold bestätigen, der seit 2002 in Son Caliu lebt. Bis 2007 war er Chefkoch im Mardavall Hotel in Costa d'en Blanes, danach hat er sich selbstständig gemacht, als Koch und als Inhaber eines Catering-Services der gehobenen Gastronomie (in Kürze eröffnet er sein eigenes Restaurant "Basic" in Palma). "Es wird zum einen deutlich mehr Fisch gegessen. Insgesamt ist die Produktpalette so viel größer geworden, dass es interessante Alternativen gibt," sagt Gerhard Berktold. Beim Schweinefleisch sei in der gehobenen Gastronomie am meisten Zurückhaltung zu erkennen, auch habe er festgestellt, dass vor allem männliche Gäste von 45 bis 55 Jahren ("typische Manager") zunehmend ernährungsbewusst seien: "Ab einem bestimmten Alter bekommt man die Folgen von guter oder schlechter Ernährung eben zu spüren."

Entscheidend sei die Qualität, sagt Gerhard Berktold, deshalb sei es allemal besser, statt fünfmal dreimal die Woche sehr hochwertiges Fleisch zu essen: "Mindestens zweimal wöchentlich sollte man Fisch essen." Als Buchautor von "Raffiniert kombiniert" findet er es keineswegs bedauerlich, dass insgesamt weniger Fleisch gegessen wird: "Im Gegenteil: Dadurch habe ich als Koch viel mehr Spielraum. Man ist mehr gefordert und wird dadurch viel kreativer." In Deutschland essen Männer übrigens doppelt so viel Fleisch- und Wurstwaren wie Frauen. Das ergab eine kürzliche "Nationale Verzehrstudie" (sie: 53 Gramm, er: 103 Gramm täglich ) - über "Einkommen und Bildung" wurde aber nichts gesagt.