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Da verselbstständigt sich was, ich schwör's. Wenn mir früher jemand gesagt hätte, ich würde jemals in einer Stierkampfarena eine „La Ola”-Welle mitmachen – und das nicht mit gequältem Lächeln, sondern so richtig albern wie früher beim Kindergeburtstag: Nie. Aber man muss dafür bestimmt weder „Ballerfrau” noch „Otto-Fan” sein, wie eine deutsche Zeitung zu analysieren glaubte. Thomas Gottschalk hatte sich als „Torrero der Showarena” ankündigen lassen, eher Party als Show wollte er machen. Und das hat er gut gemacht.

Da will eine Insel unbedingt vom Teutonengrill-Image wegkommen, und nun das: ausgelassene deutsche Zuschauer, an Hysterie grenzender Übermut, der auch noch ganz ohne Alkohol auskommt (gebechert wurde vorne auf der Couch). Kein Wunder, dass da in der deutschen Presse Vergleiche kommen wie von der „Horde Erstklässler, die vom Naschen auf Zucker ist”.

Da ist was dran. Wie auch an der Vermutung, dass das Stimmungstief in Deutschland so ausgeprägt ist, dass man in der Krise zum Feiern lieber ins Ausland fährt – aus „Respekt vor den Daheimgebliebenen, die nicht in ihrer Untergangsstimmung gestört werden sollen” (Spiegel online). Unter den 9000 Zuschauern in der Stierkampfarena war eine fast zwanghafte Sehnsucht nach ein bisschen Leichtigkeit unverkennbar. Warum auch nicht, in einem Alltag, in dem wir von schlechten Nachrichten, unheilvollen Prognosen und – nicht immer berechtigter – Miesepetrigkeit nur so umzingelt sind.

Hinzu kommt die ganz andere Wahrnehmung in einer Live-Show, besonders bei dieser neuen 360-Grad-Bespielung. Auf die, ohne Zweifel, seichten Couch-Gespräche achtet hier sowieso kein Mensch, die echte Unterhaltung spielt sich im Off ab. Wenn sich der Auto-Gewinner auf dem Beifahrersitz neben Rennfahrer Timo Scheider für die Zwei-Meter-Kriechtour anschnallt, der Esel aus Angst vor Otto einen Haufen macht, wenn Gottschalk „menschelt” und einer älteren Dame das Frikadellenbrötchen nachträgt: „Humor ist einfach eine komische Art, ernst zu sein” (Peter Ustinov).