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Mario Campanellas ist meist der Erste auf dem Platz: "Ich bin Frühaufsteher und liebe es, mich hier in Ruhe einzurichten." Der Katalane ist fast jeden Tag auf der Plaça Major in Palma zu finden, meist auf der Seite in Richtung Rathaus. Dort ist es später auch etwas schattig.

Campanellas fertigt Karikaturen - zehn Euro pro Stück. Die Geschäfte, sagt er, gehen gut: "Von der Krise merke ich nichts." Manchmal sitzt er auch in Arenal, gelegentlich geht er nach Valldemossa, wenn es Auftragsarbeiten gibt: "Ich habe in Barcelona Design studiert, deshalb fällt es mir leicht, neben den Karikaturen auch Porträts oder Landschaftsansichten zu machen. Die Karikaturen sind für die jungen Leute, Porträts werden von Älteren gefordert, Landschaftsansichten sind ein Glücksfall."

Sie bietet ebenfalls Karikaturen und Porträts an, für fünf Euro pro Stück: "Zu Hause in Bulgarien mache ich hauptsächlich Landschaften", sagt sie in sehr gebrochenem Spanisch. Es wird ihr letzter Sommer auf Mallorca sein: "Krise ist überall, da bin ich dann doch lieber zu Hause." Ihr Landsmann Nedyalko hat wenig Sprachschwierigkeiten. Er ist eine der lebenden Statuen und präsentiert sich als Drachentöter mit Augenklappe, Hut und Cape. Und mit Florett.

"Die Darstellung dieser Person ist wie gemacht für mich", sagt er. "Ich war zu Hause in Bulgarien Fechtmeister." Vier bis fünf Stunden täglich steht er in sengender Sonne auf der Plaça Major: "Die Hitze stört mich nicht, aber die Krise." Er weiß: "Die Leute geben nicht viel, denn sie haben nicht viel. Am wenigsten geben die Touristen aus den Ländern Osteuropas. Vor zwei Jahren waren die Geschäfte weitaus besser." Mit Lächeln und Geduld animiert er die Passanten. Und blitzschnell werden auch erwachsene Männer zu Jungs, die Ritterspiele üben. Sie fechten dann mit echtem Elan.

Vor Maurits aus Holland bleiben eher Familien mit Kindern stehen. Er, schwarz geschminkt, mit Rastalocken unter der bunten Baskenmütze, ist so etwas wie ein Bob-Marley-Verschnitt: "Der hat mir schon immer gut gefallen und ein bisschen Gitarre spielen kann ich auch." Wenn bei ihm das Geld im Kasten klingt, greift er sofort in die Saiten. Und singt mit lauter, nicht unbedingt schöner Stimme. Die kleinen Mädchen weichen erschrocken zurück und flüchten in Papas Arme.

Sechs Jahre hat Maurits als Animateur im Club Aldiana im Senegal und auf Fuerteventura gearbeitet: "Ich wollte mal ein bisschen das Gas zurücknehmen. Und einfach frei sein. Hier verdiene ich wenig und unregelmäßig, aber ich kann tun und lassen, was ich will."

Am liebsten hat er Tage, an denen vor allem Deutsche, Österreicher und Engländer unterwegs sind: "Die sind nicht so geizig wie die Spanier oder vor allem meine eigenen Landsleute." Und mit einem Seufzer blickt er auf Yami, die ihm gegenüber ihren Standort hat: "Sie ist so bildhübsch, sie hat es einfacher." Recht hat er: Die junge Kubanerin ist wirklich eine Schönheit. Ihre Rolle ist die des afroamerikanischen Gottes Chango, dessen Macht als wichtigstes Symbol des afrikanischen Widerstandes gegen die europäische Gesellschaft der Sklavenhalter galt.

Yami erzählt, dass die Initiationsriten, die in den letzten Jahrhunderten auch auf Kuba gefeiert wurden, auf der traditionellen Chango-Zeremonie des Oyo-Volkes aus Westafrika beruhen.

Entsprechend diesen Vorgaben ist sie ganz in Rot gewandet, mit spitzem Turban, als Zugeständnis an westliche Besucher trägt sie eine kubanische Zigarre und einen Strauß künstlicher Rosen in der Hand. "Ich arbeite seit sechs Jahren als Straßenkünstlerin, mal biete ich modernen Tanz, mal bin ich Chango. Zum Leben reicht das Geld so gerade", sagt sie.
Von ihrem kulturellen Hintergrund weiß keiner der Passanten etwas. Aber viele sind von ihrer Erscheinung angezogen; immer wieder bleiben die Menschen stehen. Yami lächelt und bezaubert.

Anonymität - darauf legen die Straßenkünstler großen Wert. Auch der Clown, der sich von der Carrer Sant Miquel der Plaça Major nähert. Selbst die Kinder im Kinderwagen lieben ihn. Ob die Namen alle stimmen, die die "Artistas" genannt haben? Wer weiß. Fest steht, dass sie das Stadtbild von Palma bunter gemacht haben. Mit Gaukelei und Kunst auf der Straße.