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Es war ihm in die Wiege gelegt: die Kunst, die Politik, der Lebenslauf. Mersad Berber – eine Retrospektive seiner Arbeiten ist zurzeit im La CaixaForum im Gran Hotel in Palma zu sehen – wurde 1940 in Bosanski Petrovac in Bosnien-Herzegowina geboren. Seine Mutter war eine anerkannte Teppichweberin, sie verwendete Naturfarben für ihre Kelims in traditionellen Mustern.

Mersad Berber studierte in Banja Luka, arbeitete als Comic-Zeichner und Buchillustrator, sowohl in seiner Heimat als auch in Kroatien. 1965 hatte er seine erste Ausstellung in Ljubljana, 1978 wurde er Kunstprofessor in Sarajewo. Er galt als einer der anerkannten Künstler im ehemaligen Jugoslawien; die Londoner Tate-Gallery erwarb seine Arbeiten für ihre grafische Sammlung. Mersad Berber war als Bühnenbildner in Sarajewo, Washington und Zagreb tätig, wo er bis heute lebt und arbeitet. Als Künstler wurde er international mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Die Kunst des Mersad Berber ist für den Betrachter eine Zeitreise in die Kunstgeschichte. Gesichter der Spätrenaissance schauen einen an, verbrämt und geschmückt mit Barockattributen. Nicht umsonst ist Caravaggio (1571 bis 1610) eines seiner großen Vorbilder. Aber nicht nur er.

„Crónica de Sarajewo“ (Chronik aus Sarajewo) oder „Expatriados bosnios“ (Ausgewiesene Bosnier) heißen zwei der insgesamt sechs Serien, die im Gran Hotel zu sehen sind. Sie spiegeln die Grauen des Balkankrieges wider, behandeln die politischen Sünden einer Vielvölkerlandschaft, die von jeher Brennpunkt kriegerischer Auseinandersetzungen war. Ebenso die noch nicht vollendete Serie „ARXIU i – IV“, die sich mit dem Massakern von Srebrenica im Jahr 1995 beschäftigt.

Die rein grafischen Arbeiten nennt der Künstler „Hommage an Velázquez“. Durch sie wurde Mersad Berber international bekannt.
Griechische Mythologie ist das Thema der Serie „La era de Dédalo i Icaro“ ( Die Ära von Dädalus und Ikarus); sie handelt vom menschlichen Streben und seinen Grenzen.

Gleichgültig, welche Technik der Künstler benutzt, – Acryl oder Öl auf Holz, Collage, Papier, Leinwand – er arbeitet „altmodisch“. Mit unendlicher Akribie sind seine Figuren, Muster, Tierdarstellungen gefertigt.

Mersad Berber ist Muslim. Und hat sich in seiner künstlerischen Entwicklung meilenweit von der traditionellen Kunstgeschichte des Islam entfernt. Gleichzeitig nimmt er immer wieder osmanische Motive auf – immerhin war seine Heimat rund 400 Jahre unter türkischer Besatzung.

Die Arbeiten von Mersad Berber sind ein Muss für jeden, der über den Tellerrand der zeitgenössischen Kunst hinausschauen möchte.

Retrospektive von Mersad Berber im CaixaForum Palma, Gran Hotel, Plaça Weyler 3. Geöffnet bis 18. Oktober von Montag bis Samstag von 10 bis 21, an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 14 Uhr.