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Das Käsestück zergeht wie Butter auf der Zunge, kräftig und würzig ist das Aroma der sanft gereiften Ziegenmilch. "Na - der ist gut, was?", feixt Verkäufer Forti augenzwinkernd, "das ist ja auch der gute Garrotxa aus Katalonien." Ungewöhnlich braunglänzende Käselaibe stapeln sich vor ihm auf. Forti ist aus Girona angereist, bereits zum zweiten Mal vertreibt er die Spezialität aus den Pyrenäen auf dem mittelalterlichen Markt von Manacor. "Die Stimmung ist eben gut hier", sagt er und fügt verschmitzt hinzu "und man erzählt sich, dass auf Mallorca die Geschäfte so gut gehen ..."

Herbstzeit ist Marktzeit auf Mallorca. Wer mag, kann in diesen Wochen jeden Sonntag auf einer anderen Fira entlangspazieren. Zehntausende von Besuchern schieben sich dann durch die aufgebauten Marktstände.

Es ist eine Reizüberflutung der angenehmen Art: Schwaden gerösteter Mandeln vermischen sich mit Karamell und Sobrassada, Bratwurstduft mit dem klebrigen Aroma, das von Fruchtgummiständen aufsteigt. Hier werden Falafel gebraten, dort Grillhähnchen und Crêpes.

Beim Angebot der Marktstände scheint nur eine Bedingung zu gelten: Es gibt nichts, was es nicht gibt - und wenn doch: Fira-Sonntage sind verkaufsoffene Sonntage. Immer noch haben mallorquinische Traditionsprodukte die Nase vorn: Die gebogenen Messer mit den schmeichelnden Horngriffen, Tongeschirr in allen Formen, Würste und Marmeladen, Stickereien, Ximbombas. Aber auch Socken, Tischdecken, Pflanzen, Schmuck, Spielzeug oder Haushaltsgerät wird feilgeboten. Besuchermagnete sind die Tierkäfige: Putzige Hundewelpen und Babykätzchen zappeln unter der Verkaufstheke, oberhalb drücken Kinder ihre Nasen an Aquarien mit Zierfischen und Terrarien mit kleinen Schlangen platt.

Viele der Verkäufer reisen wie Käsehändler Forti extra vom Festland an, um auf einem der hiesigen Märkte mit dabei zu sein. "Capdepera, Santa Ponça, Inca und Manacor - das sind immer unsere Stationen", erzählt Francisco, während er eifrig die Fangarme eines riesigen gekochten Pulpos zerschneidet, auf Holztellerchen portioniert und mit Öl beträufelt. Er und seine acht Leute kommen aus Galicien, Märkte wie dieser von Manacor sind sein täglich Brot, "wir kommen gern auf die Insel. Die Mallorquiner lieben unsere heimische Küche - die 'Alemanes' übrigens auch. Es kommen ja auch immer viele deutsche Besucher auf die Märkte".

Sie werden vom gleichen Zauber angezogen wie die Einheimischen selbst: Auf den Herbstmärkten blüht die Inselseele auf. Sie sind ein wichtiges Überbleibsel der eigenen Kultur, ein Stück unwiederbringliche Vergangenheit, Relikt einer Zeit, in der Mallorca ein tief von der Landwirtschaft geprägtes Stückchen Erde war. Herbstmessen gehören seit vielen Jahrhunderten zu Mallorca - auch wenn ihr Charakter einst weniger verklärt, sondern mehr praktischer Natur war: Früher galt die Fira als Stichtag, an dem Gutsherren und Pächter ihre Abrechnungen machten. Man zeigte, was man im Laufe des Jahres erwirtschaftet hatte, ersetzte entzwei gegangene Werkzeuge und Gerätschaften. Eine schöne Gelegenheit zu Feiern und wieder einmal zusammenzukommen - und sei es auch nur auf ein Schwätzchen.

Diese Angewohnheit ist bis heute geblieben: "Com anem - wie geht's?" schallt es an allen Ecken, hier überraschte Ausrufe plötzlichen Wiedersehens, dort aufgeregte Erkundigungen über Frau, Kinder, die Familie... Da bietet es sich doch an, dass die Betreiber der Kinderkarussells gleich auch noch Stuhlreihen aufgebaut haben: Ein schönes Plätzchen, um mal wieder den neuesten Tratsch auszutauschen, während der Nachwuchs mit Toben beschäftigt ist ...

Behände teilt Luis vom Süßwarenhandel "Fruts" aus Palma die heiße Mandelmasse vor sich mit einem Spatel in appetitliche Stücke. Die Feria von Manacor sei für ihn der Auftakt des Marktreigens, bis zum 6. Dezember in Montuïri, der vorletzten Fira 2009, wird er nun jedes Wochenende irgendwo anders auf der Insel seine übergroßen Fruchtgummiberge und Schleckereien aufbauen - nicht nur den Kindern gehen bei diesem Anblick buchstäblich die Augen über.

Er selbst aber muss den Gürtel enger schnallen: "Es ist eine schlechte Epoche", klagt er. Die Krise. "Sagen wir so - wir halten durch", meint er, "unsere Ausgaben haben wir immer wieder drin." Auch Miguel vom Töpferstand nebenan bekommt die verhaltene Käuferlaune zu spüren. Dass man seit einigen Jahren die Tradition der Herbstmärkte wieder sehr pflege, viele neue dazugekommen wären, findet er wunderbar. "Allerdings - mehr sollten es nicht werden. Die Insel ist ja recht klein für so viele Märkte. Für die Besucher ist das toll - für uns aber nur, solange es auch genügend kaufende Kundschaft gibt."