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Mitte 2009 war das Maß voll. Frank Mansfeld, Marketing- und Werbefachmann und zusammen mit seiner Frau Besitzer zweier Landhotels auf Mallorca, spürte, wie die meisten Hoteliers, die Krise im Tourismus mit voller Wucht. Schlechte Buchungszahlen, starre Verträge mit Veranstaltern und Agenturen sowie Urlauber, die versuchten zu handeln wie nie zuvor.

Doch dann kamen ihm mitten in der Wirtschaftskrise eine zündende Idee und zwei Partner zu Hilfe. Sie entwickelten eine Internetplattform, die Urlauber und Hoteliers direkt zusammenbringt. Die Firma „Vadingo“ war geboren, ein virtueller Marktplatz, auf dem Hoteliers ihre Angebote präsentieren und Urlauber direkt nach Preis und Region ihr Ferienhotel aussuchen können. „Wir haben ein echtes Antikrisenprodukt geschaffen“, sagt Thomas Marx, Hotel- und Marketingfachmann und einer der drei Vadingo-Partner. Während Hoteliers 2009 oft auf ihren Kapazitäten sitzen geblieben seien, bis sie auf Anraten der Veranstalter die Preise für die Kunden noch weiter gesenkt hätten, könnten sie nun selber die Marge bestimmen und sich direkt an den Kunden wenden. „Umgekehrt kann der Urlauber – voraussichtlich ab März – seine Wünsche bei uns eintragen, und Hotels können sozusagen die Urlauber reservieren.“ Vadingo bleibt virtueller Vermittler, mit geringen Kosten und niedriger Provision.

Eine pfiffige Idee in der Krise, aus der Not heraus geboren, bei der drei Unternehmer ihr privates Geld in die Hand nehmen und trotz riskanter Zeiten eine Neugründung wagen. Die Expansionspläne liegen bereits in der Schublade, doch es gilt, das erste schwierige Jahr zu meistern. Ähnlich ergeht es weiteren 1687 Firmen, die laut spanischem Statistikamt INE (Instituto Nacional de Estatística) im Krisenjahr 2009 auf den Balearen gegründet wurden. Bis Oktober vergangenen Jahres, so ergaben die Zahlen, lag die Zahl der Neugründungen 36 Prozent unter der des Vorjahres. Doch obwohl dies rund 1000 Neugründungen weniger als 2008 bedeutete, ist die jüngste Anzahl der Existenzgründer laut Statistikamt dennoch beachtlich.

Mut in Krisenzeiten bewiesen auch die Deutschen Jutta Bemelmann-Karsten und Michael Schneider. Sie erfüllten sich Ende 2009 den Traum eines eigenen Finca-Hotels auf Mallorca – dem „Son Olive“ in Selva. Dass dies ausgerechnet in einem Jahr geschah, als andere Hoteliers auf der Insel ums Überleben kämpften, war Zufall. „Wir hatten lange nach einem passenden Objekt gesucht, und als wir es gefunden hatten, mussten wir zupacken“, sagt Jutta Karsten. Blauäugig seien sie keineswegs in das Business gestolpert. „Wir haben beide langjährige Erfahrungen mit der Selbstständigkeit und glauben auch, dass das gehobene Fincahotel ein krisensicheres Produkt ist.“ Starthilfe gab es dazu sogar vom spanischen Staat, der über das Institut ICO (Instituto de Crédito Oficial) des Wirtschaftsministeriums Existenzgründern in Spanien günstige Kredite vermittelt. „Wir haben unser Konzept dort vorgestellt und erhielten dann einen Kredit zu 1'3 Prozent Zinsen, der zwei Jahre komplett tilgungsfrei ist.“ „Wer eine gute Idee hat, und die Möglichkeit, sie umzusetzen, der lässt sich auch in Krisenzeiten davon nicht abhalten“, ist sich Ulla Müller-Breitkreutz sicher. Die Steuerberaterin und Balearen-Delegierte der deutschen Handelskammer für Spanien hilft auch bei Firmengründungen. Zurzeit gäbe es zwar Bereiche wie Touristik oder Restauration, in denen Neueröffnungen riskanter seien als noch vor einigen Jahren. Doch die Motive für das Wagnis seien ihrer Meinung nach dieselben wie immer: „Wenn jemand von einer Idee überzeugt ist, dann versucht er es auch.“ Naiv seien die wenigsten, jeder wisse um die derzeitige Lage.

Hilfe gibt es für Starter außer bei privaten Unternehmensberatern auch beim Unternehmerverband Caeb (Confederación Empresarial de Baleares, www.caeb.es). Der Verband unterstützte 2009 gut 70 Firmen in bürokratischen Angelegenheiten der Gründung. Starthilfen auf den Balearen geben ebenfalls die „Ventanilla Única Empresarial” (VUE) der spanischen Handelskammer, die Vereinigung „Jóvenes Empresarios de Baleares” und „Pimem”, der Verband kleiner und mittlerer Unternehmen.

Jetzt erst recht, das dachten sich auch Melanie Kondziela und Marzella Arlt, als sie am 2. Januar ihr Geschäft in Llucmajor eröffneten. Spielwaren für Kinder seien immer gefragt, zudem, so überlegten die Unternehmerinnen, wollten sie Marken anbieten, die auf Mallorca nicht überall zu haben sind. „Mi Mundo Mallorca“ wurde gegründet, zudem kurz vor den „Reyes“, quasi dem zweiten Weihnachtstag der Mallorquiner. „Wir setzen aber darauf, dass gutes Spielzeug das ganze Jahr über gekauft wird.” Ebenfalls einen Neustart in schwierigen Zeiten wagten José Luis Fernandez und Michael Neretljak, als sie im November 2009 die erste Nordsee-Filiale Spaniens auf Mallorca eröffneten. Eine Existenzgründung war es für die Unternehmer zwar nicht, aber ein Risiko, das sie mit der guten Lage in der Calle San Miquel und dem Produkt verteidigen. „Das ist neu in Palma, und wir sind sicher, dass nicht nur die Deutschen das Konzept annehmen.” Der Grund, das Geschäft ausgerechnet im Krisenjahr zu eröffnen, ähnelt dem des Immobilienunternehmers Matthias Kühn, der das „Nuevo Pueblo Español“ 2009 durch neue Restauration mit Leben erfüllte. „Das war schon lange geplant, wir mussten es im vergangenen Jahr umsetzen, trotz Schwierigkeiten“, sagt Kühn. Eigentlich stand noch mehr auf der Liste, doch die Wirtschaftskrise, so räumt er ein, habe natürlich auch ihn und seine Mannschaft getroffen. Personaleinsparung, straffere Etats, Sparmaßnahmen, wo es nur möglich ist: „Wir müssen versuchen, uns diesen harten Zeiten so gut wie möglich anzupassen.“ Hinzu käme die leidige Geschichte mit der Vergabe von Lizenzen: „Da hat uns die Bürokratie auch schon so manchen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Auf Elektro-Bikes statt auf neue Veranstaltungsorte setzt hingegen Karl-Josef Osadnik mit der Firma „Alpha Elektro Bike“. Der Grund für ihn und seine Mitarbeiter Corinna Günther und Marcus Weber, gerade jetzt zu starten, sei klar: „Wer nichts wagt, der gewinnt nichts, und wer nichts macht, der verdient nichts.“ Die Kapitalsuche sei komplizierter als sonst gewesen, und der Vertrieb der hochwertigen, und daher auch nicht billigen Produkte werde sicher auch nicht einfach. Aber die Räder, so ist sich die Mannschaft sicher, sind ein Produkt mit Zukunft.