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Welche Bedeutung das Treffen der EU-Verteidigungsminister in Palma für die spanische Regierung hat, ist schon seit Tagen klar: Bereits am Wochenende ist die Insel fest in den Händen der Polizei. Selbst auf schmalen Gebirgsstraßen konnte man sich nicht sicher sein, von Polizeikontrollen verschont zu bleiben. Am Mittwochmorgen ist dann jede Brücke, jede Ampel bewacht, als die schweren Limousinen mit getönten Scheiben über den Paseo Marítimo brausen. Seit dem frühen Morgen sind Besenwagen unterwegs, damit Palma einen geleckten Eindruck macht. Wie auf Bestellung blitzt der Himmel strahlend blau.

Nicht alle geladenen Verteidigungsminister aber sind der Einladung gefolgt. Sieben von ihnen lassen sich vertreten, darunter auch der deutsche Amtsinhaber Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU). Statt seiner ist der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt nach Palma gekommen. "Regierungsamtliche Verpflichtungen" hätten die Reise des Ministers verhindert, heißt es aus dem Verteidigungsministerium: "Zu viele Termine." Auch aus Italien, Großbritannien und den Niederlanden ist kein Minister angereist. Noch schwerer wiegt allerdings die kurzfristige Absage der EU-"Außenministerin" Catherine Ashton, die ebenfalls nicht nach Palma gekommen ist. Das Treffen ist informell, es gibt keine Anwesenheitspflicht.

Enttäuschung darüber ist der Gastgeberin jedoch nicht anzumerken. Spaniens Verteidigungsministerin Carme Chacón (38, Foto) schüttelt gekonnt die Hände der zum Teil erheblich älteren Herren. Verteidigung ist noch immer vor allem Männersache, wie es ausschaut. Im gediegenen Foyer des Fünf-Sterne-Hotels Gran Meliá Victoria, in dem der Gipfel stattfindet, tummeln sich vor allem stramme Uniformträger mit goldenen Kordeln am Revers.

Chacón aber lässt sich nur einmal kurz aus der Ruhe bringen. Auf Nachfrage verkündet sie eine Einigung über die Finanzierung des Militärtransportflugzeugs A400M - auf deutscher Seite will man davon jedoch nichts wissen. Eifrig diktiert Staatssekretär Schmidt den angereisten deutschen Journalisten Dementis in die Blöcke. ARD, Financial Times Deutschland, die FAZ, die Deutsche Presse-Agentur, Reuters - sie alle haben ihre Korrespondenten nach Mallorca geschickt. Insgesamt sind 210 Journalisten aus elf Ländern akkreditiert.

Das Pressezentrum ist im Hotel Meliá Palas Atenea untergebracht. Obwohl es nur ein paar Schritte sind von hier bis zum Gipfelhotel, werden die Journalisten im Reisebus kutschiert. Begleitet von einem halben Dutzend Sicherheitsmännern mit dunklen Sonnenbrillen. Dem Zufall wollen die Organisatoren nichts überlassen.

Und so schreiten auch gleich mehrere Polizeibeamte ein, als am Nachmittag sieben Demonstranten vor dem Palas Atenea Plakate in die Höhe halten. Die Protestler werfen der spanischen Regierung vor, Waffen an die marokkanische Regierung zu verkaufen und so indirekt die Unterdrückung der Bewohner der westlichen Sahara zu unterstützen. Für den Abend war auf der Plaça d'Espanya in Palma eine weitere Protestaktion angekündigt. Unter dem Motto: "Stoppt das Europa des Kapitals und der Kriegstreiberei."

Kritik an der Veranstaltung kommt auch von anderer Seite. Die oppositionelle Volkspartei (PP) wirft der sozialistischen Regierung Geldverschwendung vor. 90.000 Euro habe allein das Flamenco-Spektakel vor dem Bankett am Mittwochabend im Almudaina-Palast gekostet. Spanien lässt eben nichts unversucht, um sich während der EU-Ratspräsidentschaft von seiner besten Seite zu präsentieren.

INFO

Thema des zweitägigen Treffens in Palma ist die „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik” (GSVP) der EU. Diese ist im Vertrag von Lissabon festgeschrieben und soll nun mit Leben gefüllt werden. Es ist das erste Treffen der Vertreter der Verteidigungsministerien aller EU-Staaten seit Unterzeichnung des Vertrages.

„Das Ziel ist, die EU zu stärken, damit sie handlungsfähiger wird in Konfliktfällen und bei deren Vermeidung”, heißt es in einer Pressemitteilung des spanischen Verteidigungsministeriums, das der Gastgeber des Treffens ist.

Die spanische Regierung will ihre sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, die Streitkräfte der EU-Mitgliedsstaaten besser zu koordinieren, um ein schnelleres Eingreifen in Krisensituationen zu ermöglichen. Bei dem Treffen in Palma sind fünf Plenarsitzungen vorgesehen, in denen die drängendsten Fragen der EU-Sicherheitspolitik erörtert werden.

Dazu gehören die gemeinsamen EU-Operationen, wie etwa der Einsatz in Bosnien-Herzegowina, die Aktionen in Somalia und vor dessen Küste zur Bekämpfung der Piraterie sowie die Hilfe im Erdbebengebiet in Haiti. Ein weiterer Schwerpunkt ist die verteidigungspolitische Zusammenarbeit im Mittelmeerraum, weshalb auch die entsprechenden Minister aus Tunesien, Algerien, Marokko, Libyen und Mauretanien eingeladen sind. Schließlich soll auch über das Verhältnis der EU zur Nato gesprochen werden, deren Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ebenfalls angereist ist.