TW
0

Sie bringen ein stückweit die einstige Salon-Kultur zurück – die Mittwochsgesellschaften von Gabriele Massmann. Einmal die Woche verwandelt sich das Atelier der Münchner Malerin in ihrer Finca bei Porreres abends zum Speisesaal mit festlich gedeckter Tafel für ein Dutzend wild gewürfelter Gäste, von denen sich die meisten oft hier zum ersten Mal begegnen. Serviert wird ein leichtes, eurasisches Menü.

Mallorca Magazin: Wie haben sich diese Essen entwickelt?
Gabriele Massmann: Eigentlich sind sie durch Zufall entstanden: Freunde, die essen gehen wollten und wussten, dass ich gerne koche, sprachen mich an. Das hat irgendwie Eigendynamik entwickelt. Ganz egal, wo ich gelebt habe, habe ich es immer geliebt, die Menschen zusammenzuführen. Nichts bietet sich so an wie ein Essen, denn es verbindet sinnliche Genüsse mit dem Kopf. Als ich vor elf Jahren hierher zog, hatte ich auf diese Art gleich Kontakt zu Mallorquinern, die ja auch sehr gesellig sind und das Essen schätzen. Sich mit Menschen an einen Tisch zu setzen, ist einer der simpelsten Wege, andere Lebensformen kennenzulernen.

MM: Wer kommt dazu?
Massmann: Meist ergibt sich ganz von alleine eine ganz spannende und oft sehr internationale Mischung – Historiker, Maler, Schriftsteller oder ganz normale Leute, ob jung oder alt, die gerne Spaß haben. Ich habe immer das Glück, dass vollkommen unkomplizierte Menschen zu mir in meine kleine Oase finden. Es gibt viele, die immer wiederkommen, aber jedesmal auch welche, die sich hier erst kennenlernen und mir selbst auch noch nicht bekannt waren. Das ist mein ganz eigenes Vergnügen – neue Biographien kennenzulernen.

MM: Gibt es neben dem Menü weitere Programmpunkte?
Massmann: Das ist völlig flexibel – es gibt Essen, die sind einfach nur eine fröhliche Runde, manchmal tragen Gäste spontan Dinge vor, die sie geschrieben haben, lesen aus ihrem neuen Werk, machen Musik. Wertvoll sind aber vor allem die guten Gespräche, die sich automatisch aus der Mischung der Gäste ergeben, Themen, die oft fernab sind vom Alltag. Wenn viele Nationalitäten zusammentreffen, kann es etwa über Religion gehen, über Politik. Hier wird sehr frei über alles geredet.

MM: Das erinnert an die Salons des 18./19. Jahrhunderts, die ja auch immer von einer Frau, einer Saloniere, veranstaltet wurden.
Massmann: Eine Salon-Kultur wie einst, das wäre zu hoch gegriffen – damals waren das ja sehr elitäre Kreise. Mein Tisch ist nichts für Selbstdarsteller, keiner steht im Mittelpunkt, jeder kann einen Beitrag leisten, wenn er mag – oder aber auch nur zuhören. Mir ist wichtig, dass alles ungezwungen ist, sich entwickeln kann – und das bei Gott nicht immer nur hochgeistig. Sondern einfach mit einem Niveau, das man genießen kann und bei dem man etwas mitnimmt. Ich habe durch diese Essen selbst sehr viel gelernt. Es freut mich, die Menschen dazu zu bringen, sich wieder miteinander auseinanderzusetzen.

MM: Mangelt es in der heutigen Zeit daran?
Massmann: Für meine Generation, ich bin jetzt 67 Jahre alt, ist es faszinierend, was sich mit den neuen Medien entwickelt hat. Aber dadurch werden Möglichkeiten, sich von Person zu Person auszutauschen, immer weniger genutzt – da treffen sich die Leute lieber im Chat statt zum Essen. In unserer sogenannten „Freizeit“ bewegen wir uns oft nur noch an der Oberfläche, weil es eine schnelle, einfache Art ist, um „runterzukommen“ – dabei tut die Gesellschaft anderer Menschen so gut!

MM: Wie finanzieren sich die Salons, wie wird man Gast?
Massmann: Jeder Interessierte ist herzlich eingeladen – wichtig ist, sich bis spätestens Dienstagmittag anzumelden (Tel. 606-216761), dann gehe ich nämlich auf den Markt, um frisch einzukaufen. Jeder Teilnehmer beteiligt sich mit einem kleinen Obolus, der nur die Kosten deckt.

MM: Was genießen Sie selbst am meisten an den Abenden?
Massmann: Wenn ich anschließend noch einmal die Gespräche Revue passieren lasse, die Einträge ins Gästebuch lese – das ist mein ganz persönliches Gutenachtbonbon...