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Man hat ihm schon viele Titel gegeben, der „bunteste Vogel der deutschen Verlegergilde” trifft es vielleicht ganz gut. Seit einem halben Jahr lebt Vito von Eichborn – 1980 gründete der damalige Journalist und Lektor den Eichborn Verlag in Frankfurt, den er 1995 wegen Unstimmigkeiten verließ – auf Mallorca, von seiner Windmühle in Santa Eugènia hat er einen herrlichen Blick über die Ebene. „Weite” war schließlich ein Hauptgrund, warum es ihn von der Seenplatte bei Plön auf die Insel zog: „Ich fühle mich wunderbar frei hier.” Viel Raum braucht der bewegungsfreudige 66-Jährige, den es kaum fünf Minuten auf dem Stuhl hält, auch innerhalb seines neuen Zuhauses, in dem kein Zimmer ohne eine Bücherwand auskommt. Den Fernseher, sagt er, hat er abgeschafft: „Das interessiert mich nicht mehr.” Als ob er auch Zeit dafür hätte: Als Verleger, Publizist, Agent oder Lektor hat er anderes zu tun. Auf Mallorca reaktiviert er gerade seinen Verlag „Vitolibri”, den er schon 2005 als SL eintragen ließ, verhilft dem vergriffenen Krimi „Mallorca Connection” zur Wiedergeburt, wählt als Herausgeber für die Edition BoD (Books on demand) monatlich einen „öffentlichkeitstauglichen” Titel aus, daneben läuft eine Reihe mit „Kindermund”-Büchern, künftig will er verstärkt noch Mallorca-Bücher verlegen und Nachwuchsautoren Starthilfe geben. In seiner „Werkstatt” fungiere er eher als Moderator und „Anreger”, in seinen „Literaturmarkt”-Seminaren sieht sich Vito von Eichborn vor allem als Praktiker: „Da geht es um die Frage, wie das Manuskript in die Hand des Lesers kommt: Wie wird der Inhalt zur Ware?” Angehenden Autoren fehle es oft an Mut zu eigener Sprache und eigenem Thema: „Die meisten schreiben zu angepasst.” Zudem herrschten teils „absurde Vorstellungen” über die ökonomische Situation von Schriftstellern: „Dabei können nur wenige vom Schreiben leben.” Auch die „Mühsal der Arbeit an jedem einzelnen Wort” werde vielfach unterschätzt, wobei natürlich das Genre entscheidend sei: „Sachbuchautoren kann ich suchen, Literaturautoren kann ich finden.” Und da es „in der Mitte eng ist”, bewegt sich Vito von Eichborn eben „gern an den Rändern”. Auf Mallorca fühle er sich auch deshalb so wohl, weil hier ein „gut funktionierendes Modell einer multikulturellen Gesellschaft” gelebt werde. Wobei ihm eine „Freiheit” inzwischen zu teuer geworden ist: Schon dreimal habe ihn die Polizei „unangeschnallt” erwischt und ihm dafür saftige Multas ausgestellt: „Dabei ist es Aufgabe des Staates sicherzustellen, dass die Gesellschaft funktioniert – und nicht, mich vor mir selbst zu schützen.” Schreibwerkstatt mit Vito von Eichborn: 30. August bis 3. September, 10 bis 19 Uhr. Kulturfinca Son Bauló. Infos und Anmeldung: Tel. 971-524206.