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Bedächtig schiebt sich die Gruppe durch die Grabreihen. Zum Teil geht es nur noch im Gänsemarsch an den verwitterten Steinen vorbei, denn der Weg ist streckenweise nur eine Handbreit schmal. Die Toten des 19. Jahrhunderts wurden offenbar Schulter an Schulter bestattet, so eng sind die Grabsteine gesetzt.

„Vorsicht, treten Sie nicht auf die Grabplatten”, sagt Carlos Garrido, der die rund 30 Interessierten über Palmas Zentralfriedhof geleitet, „sie könnten brechen, und dann stürzen Sie in das Loch hinein!”

Die Teilnehmer des Rundgangs an der Stätte des Todes und der ewigen Ruhe sind Mitglieder des mallorquinischen Vereins zur Bewahrung historischer Kulturgüter (ARCA). Sie sehen in dem weitläufigen Gelände am Camí de Jesus ein „Museum unter freiem Himmel”. Palmas Friedhof sei zwar längst nicht so berühmt wie etwa der Pariser Père Lachaise, doch dessen ungeachtet nahezu genauso sehenswert und reich an Architektur, Kunsthandwerk und Geschichte(n) der unterschiedlichsten Epochen.

Das ist kein Wunder, denn die Anfänge des Gottesackers reichen weit zurück. Seit etwa 1820 wurden dort unweit einer kleinen Kapelle die ersten Toten bestattet. Im Jahre 1846 ging der kirchliche Boden in kommunalen Besitz über. Schon bald zeigte sich, dass der Friedhof zu klein war und erweitert werden musste. Seit jener Zeit ist das bis zu fünf Mal geschehen, indem angrenzende Flächen in das öffentliche Bestattungswesen integriert wurden.

Wie an keinem anderen Friedhof auf Mallorca lässt sich an den Gräbern und Gedenksteinen für die Toten ablesen, wie sich die Moden der Bestattungen im Laufe der Zeit wandelten. Vor allem von 1880 bis 1945 scheuten die Lebenden keinen Aufwand, um ihren Verstorbenen würdige Denkmäler zu setzten.

Die Steinmetzkunst erlebte einen ungeahnten Aufschwung und diverse Künstler verdienten sich ihren Lebensunterhalt beim Anfertigen der gefragten Skulpturen aus Kalkgestein, Granit und Marmor, der von reichen Auftraggebern sogar in Italien bestellt wurde. In jenen Jahren entstanden zahlreiche Engel und weibliche Trauerfiguren. Die Grabsteine selbst zeigen eine reiche Symbolik. Ihre allegorische Sprache lässt die Hoffnung auf Auferstehung über den Tod triumphieren.

„Viele dieser Werke sind vom Verfall bedroht”, sagt Garrido. Mehr noch, die Eigentümer der Grablagen könnten sie von heute auf morgen beseitigen lassen, wenn ihnen der Sinn danach stünde. Auch die Privatkapellen, die zum Teil von illustren Architekten der Insel geschaffen wurden, seien ohne jeden Bestandsschutz und könnten jederzeit abgerissen und durch gesichtslose Neubauten ersetzt werden.

Genau dagegen will ARCA vorgehen. Mit Eingaben an die Verwaltung und Führungen will der Verein das Bewusstsein der Bürger für den Erhalt der Kunstwerke sensibilisieren.