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Eigentlich weiß es schon jedes Kind: Gemüse ist gesund. Aber nur jeder elfte Deutsche isst es täglich, und nur jeder Zweite isst es mehrmals in der Woche – in Spanien schafft das sogar nur jeder Dritte. Seit über 50 Jahren wird die Mittelmeer-Diät, die vorwiegend auf Gemüse basiert, propagiert. Doch irgendwie scheinen wir beratungsresistent. Leider vor allem dort, wo diese Ernährungs- und Lebensform ihren Ursprung hat. Im Mittelmeerraum.

Wundern müssen wir uns nicht, es ist ein bekanntes Phänomen: Man schätzt etwas erst dann, wenn es verloren ist. Auf Mallorca ist es fast so weit. Das Essen aus Hof und Garten, das hier jahrhundertelang die Menschen nährte – ein Privileg.

Aber leider ein völlig verkanntes. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der Globalisierung ist in wenigen Jahrzehnten verloren gegangen, was nun mühsam wieder rekonstruiert werden muss – wenn es sich rekonstruieren lässt. Und wenn man es rekonstruieren will. Wo bleiben die Großkampagnen, mit Hilfe derer autochthone alte Gemüse- und Obstsorten, die ganz von der Bild- und Ackerfläche verschwunden sind, wieder neu Wurzeln schlagen können? Wer lehrt uns noch das Wissen, wie man sie schmackhaft zubereiten könnte? Stattdessen wundert sich heute doch niemand mehr, wenn eine Hausfrau nichts mehr mit einer Aubergine anzufangen weiß.

Es scheint weit gekommen, wenn etwas so Essentielles wie eine gesunde Ernährung zum Weltkulturerbe erklärt werden muss. Ob die Unesco-Entscheidung die Menschen wachrüttelt? Wenn, dann sicherlich nicht durch Erkenntnis – denn die wäre alt.

Vielmehr der neue Schick gibt der Mittelmeer-Diät eine weitere Chance: Das Arme-Leute-Essen bekommt ein trendiges Flair. Hat die mediterrane Kost in Nordeuropa doch vor allem genau deswegen Einzug gehalten: Weil sie in gewisser Weise „Exotik“ vermittelt, Urlaubserinnerungen in uns hochkommen, wenn wir Salat mit mallorquinischem Olivenöl und Flor de Sal verfeinern. Auf der Insel ist in Sachen Ernährung mehr Patriotismus angesagt – würde die Mittelmeer-Diät ab sofort nur ein klein wenig so heiß diskutiert wie die Sprachenpolitik, es wäre schon viel gewonnen.