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Wehe, das Häufchen bleibt liegen. Dann kann Gassigehen auf Mallorca richtig teuer werden. Vor allem Calviàs Gemeindeverwaltung scheinen die Exkremente der Vierbeiner kräftig zu stinken, hier hob man die Strafen für tierische Tretminen beim Promenadenspaziergang kräftig an. Aber nicht über jedes Kothäufchen rümpfen die Spanier die Nase. Auf eines sind sie sogar stolz. Und es zaubert ihnen mindestens ein ebenso breites Grinsen ins Gesicht, als handle es sich dabei um den Erguss des jüngsten Sprosses bei der ersten Sitzung auf dem Töpfchen. Sogar die spanische katholische Kirche hat dem Häufchen seinen Segen gegeben – schließlich dampft es meist nur unweit vom Jesukind in der Krippe im Stroh. Es entspringt den blanken Pobacken des „Caganer“, der wohl sonderbarsten Krippenfigur überhaupt.

Den „Scheißer“ in der biblischen Stallszene kennt man ursprünglich nur in Katalonien und auf den Balearen. Nicht genug, dass das Jesuskind zwischen Exkrementen von Ochs‘ und Esel das Licht der Welt erblicken musste – etwas abseits aufgestellt von der Heiligen Familie erleichtert sich hier auch diese in das typische Gewand katalanischer Bauern gekleidete Krippenfigur.

Die sich mittlerweile so viel Beliebtheit erfreut, dass sich ein Unternehmen in Barcelona auf die Produktion kleiner „Scheißer“ spezialisiert hat. Jetzt lassen auch Politiker, Fußballspieler und andere Prominente die Hosen runter und werden zu Weihnachten auf den Topf gesetzt.

Eine bekannte Shoppingmall in Barcelona hat in diesem Jahr gar einen sechs Meter hohen „Caganer“ aufgestellt – den heiligen Nikolaus persönlich. Gleichermaßen cleverer Werbegag wie hüllenlose Entzauberung des letzten Hauchs von Weihnachtsromantik: Nicht genug, dass der märchenhafte Santa Claus gar nicht die Geschenke bringt. Nein – er hat auch noch Stuhlgang! Aber auch in Sachen Marketingstrategien gilt eben: Wichtig ist, was hinten rauskommt. Der Ursprung des „Scheißers“ derweil wird wohl ewig ein Rätsel bleiben. Böse Zungen munkeln, es sei eine heimliche Protestfigur. Mit der sprichwörtlich zum Ausdruck gebracht werden könne, wie man sämtliches Festbrimborium im Geheimen eigentlich finde: nämlich „kacke“.

Oder ist es nur ein lustiger zaghafter Versuch, so viel geballter Göttlichkeit wenigstens ein paar Gramm Allzumenschliches entgegenzusetzen? Am weitesten verbreitet ist die Erklärung, der „Caganer“ sei ein Sinnbild für den Kreislauf der Natur – und der Kotkringel einst Symbol für segenbringenden Dünger, der im neuen Jahr eine gute Ernte garantieren sollte. Heute ist der „Scheißer“ in Katalonien und auf den Balearen vor allem ein Weihnachtsmaskottchen. Der nicht aufgestellt wird, um reichen Ackerertrag zu garantieren. Oder eine gute Verdauung. Aber sicher einen großen Haufen Glück.