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Am 13. November 2008 ging auf Mallorca nichts mehr. Ein Blitz hatte die gesamte Stromproduktion der Insel lahmgelegt und so einen der folgenschwersten Stromausfälle der Inselgeschichte ausgelöst. Hunderte Menschen saßen in Fahrstühlen und Zügen fest, wegen ausgefallener Ampeln kam der Straßenverkehr vielerorts zum Erliegen, die Telefone blieben stumm. Erst nach sieben Stunden war das Problem behoben. Größeres Unheil blieb nur deshalb aus, weil Krankenhäuser und Flughäfen über separate Stromversorgung verfügen – weil eben solche Stromausfälle auf Mallorca jederzeit geschehen können.

Damit soll es nun vorbei sein. Am 13. Januar beginnt die Verlegung eines Stromkabels zwischen Mallorca und dem Festland, das die Energieversorgung der Insel grundlegend verändern soll. Als „elektrische Brücke” kündigt das Unternehmen Red Eléctrica Española (REE) das sogenannte Projekt Romulus an, an dem auch der Siemens-Konzern beteiligt ist. 375 Millionen Euro sind veranschlagt – so viel wie in keinem REE-Vorhaben zuvor, heißt es. Allein der Bau des Umspannwerks in Santa Ponça hat mehr als 50 Millionen Euro gekostet. Die beiden Spezialschiffe „Giulio Verne” und „Skagerrak” werden mehrere Monate im Einsatz sein.

„Die Stromversorgung der Inseln wird dadurch sicherer”, sagt Josep Maria Rigó, Generaldirektor für Energie der Balearen-Regierung. Das Kabel ist auf 400 Megawatt Leistung ausgelegt und wird somit bei Weitem nicht den Strombedarf der Inseln decken können. Während Mallorca bislang aber ein völlig unabhängiges Stromnetz hatte, das entsprechend anfällig für Störungen war, wird die Insel in Zukunft eine Verbindung zum Festland-Stromnetz haben. Noch in diesem Jahr soll das Kabel in Betrieb gehen. „Wenn es in Zukunft einen Stromausfall gibt, kann die Versorgung dank des Kabels viel schneller wieder hergestellt werden”, sagt Rigó.

Nach der Fertigstellung der ersten Gasleitung vom Festland nach Mallorca im Jahr 2009, die die Inseln seitdem mit Erdgas versorgt, beseitigt das Projekt Romulus nun einen weiteren historischen Engpass. Neben dem Kabel Sagunto-Santa Ponça ist auch ein Kabel Mallorca-Eivissa geplant. Damit werden die Balearen erstmalig über ein gemeinsames Stromnetz verfügen. Auch die bereits bestehenden Verbindungen zwischen Mallorca und Menorca sowie Ibiza und Formentera werden laut REE in absehbarer Zeit erneuert.

Wie dringend eine solche Investition ins balearische Stromnetz war, zeigen die Statistiken der vergangenen Jahre. Wurden auf den Balearen im Jahr 2001 noch etwa 4'1 Millionen Megawattstunden Strom verbraucht, waren es im Jahr 2008 bereits fast 6'1 Millionen. Mit einer solchen Zunahme kann die Stromproduktion auf den Inseln auf Dauer nicht mithalten. Außerdem sind 6100 Kilowattstunden Strom pro Person und Jahr weltrekordverdächtig – der Tourismus hat daran einen erheblichen Anteil.

Und noch etwas: Die Stromproduktion auf den Inseln ist wegen des langen und umständlichen Transports der Rohstoffe (Kohle, Diesel, Erdgas) um bis zu 70 Prozent teurer als auf dem Festland. Strom wird also billiger auf Mallorca. Ob die Verbraucher davon profitieren, ist jedoch fraglich.