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Man ist zusammengerückt im "Café des Teatre" an der Rambla. Raucher und Nichtraucher sitzen einträglich an einem Tisch - ohne blauen Dunst, versteht sich. Obwohl Barbesitzer Jaime sich an dieses Bild noch gewöhnen muss: "Seit 27 Jahren bin ich hier, und solange wurde hier geraucht", sagt er kopfschüttelnd und zeigt auf die Treppe, die zur früheren Raucherzone führt.

Seinem Gast Juan-Ramón, der irgendwie zerknirscht an seinem Bocadillo kaut, merkt man sein Leiden an. Auf die Frage, ob er denn als Raucher das neue "Ley antitabaco" als massive Veränderung seines Alltags erlebe, antwortet er entrüstet: "Das ist keine Differenz, das ist eine Diktatur." Das Mitgefühl seines nikotinfreien Kumpels Juan, der neben ihm seinen Café con leche schlürft, hält sich allerdings in Grenzen: "Warum sollte er mir leidtun? Ich musste seinen Qualm ja auch jahrelang ertragen."

Tag zwei nach Inkrafttreten des verschärften spanischen "Ley antitabaco" in Palmas Innenstadt: Die Meinungen von Barbesitzern und Angestellten, Rauchern und Nichtrauchern sind an diesem Vormittag so vielfältig wie die Zigarettenmarken, die nach wie vor in den Automaten drinnen zu kaufen sind. Das findet Xisco, Inhaber der Bar "Taujà", denn auch besonders ärgerlich: "Rauchen sollen unsere Gäste hier nicht mehr, verdienen aber will die Tabakindustrie weiterhin an uns."

Der Gastronom ist sichtlich genervt: "Erst das letzte Jahr dieses Hin und Her bei der Aufteilung in Raucher- und Nichtraucherzonen, alles Makulatur inzwischen. Nun die Diskussionen um Terrassen oder Stehtische draußen - ich kann es langsam nicht mehr hören!" Die Terrasse vor seiner Bar ist fast leer - "Noch zu kalt draußen!" -, an eine Aufstellung von weiteren Tischen auf der Rambla im Sommer will er noch nicht denken: "Das spezielle Mobiliar, das das Rathaus dafür verlangt, kostet Extra-Geld, dann die Lauferei um eine Genehmigung - mir reicht's langsam."

Andere Gastronomen in Palmas City reagieren zwar teils gelassener, die Schärfe des neuen spanischen Antirauchergesetzes irritiert dennoch viele. "Ich glaube auch nicht, dass es überall, etwa in den Diskotheken, eins zu eins umgesetzt wird," mutmaßt Jorge, Kellner im "Café Cima", Ecke Costa d'en Sintes.

Schon im vergangenen Monat hatte sich der balearische Unternehmerverband Caeb gemeinsam mit der Vereinigung klein- und mittelständischer Betriebe, Pimem, vehement gegen die "Verschärfung der wirtschaftlichen Krise" ausgesprochen, die das neue Antirauchergesetz für viele Branchen der Insel bedeute.

Als besonders unfair wurde moniert, dass es etwa in großen Hotels weiterhin Raucherzimmer oder -ecken geben dürfe, während kleinere Betriebe keinerlei Spielraum mehr hätten. Und: Mit den früheren Kosten für die geforderte Einrichtung von Nichtraucherzonen habe man sie genauso allein gelassen wie nun mit dem befürchteten Wegfall zahlreicher rauchender Gäste.

Einwände, die zumindest partiell bei der Balearen-Regierung auf Verständnis stießen. Beschwichtigend kündigte sie zumindest an, dass die Inspektoren, die man ab sofort zur Kontrolle der Einhaltung des Gesetzes losschickte, sich vorerst eher in Sachen Beratung denn in Sanktionierung üben würden. Allerdings: Während der mehr als Hundert Kontrollen in den ersten zwei Tagen wurde gegen drei Gastronomen auf den Balearen bereits Anzeige erstattet, die ihre Gäste hatten rauchen lassen. Die angedrohten Bußgelder von bis zu 600.000 Euro sind dabei auch nicht gerade moderat - wobei sich die genaue Höhe nach individuellen Umständen wie "Erst- oder Wiederholungstäter" richtet.

Kein Wunder also, dass das Gesetz auch landesweit für Furore sorgte, selbst wenn die spanische Gesundheitsministerin, Leire Pajin, flugs verkündete: "Die Umsetzung klappt gut." Auch auf dem Festland legten sich schon mehrere Wirte mit der Regierung an: Rund 1000 Anzeigen gingen in den ersten zwei Tagen ein.

"Ganz schön frisch hier", grinst Jaime Ferrer, der seine Zigarette nun draußen vor der Tür vom "Café des Teatre" rauchen muss. "Aber deshalb aufhören? Nie und nimmer."

Des einen Freud, des anderen Leid: Während - selbst rauchende - Kellner sich nun teils über einen besser gelüfteten Arbeitsplatz freuen, sollen ein paar "Raucher vor der Tür" sich schon zu Zechprellern entwickelt haben. Andererseits: Genießen einige Nikotin-Junkies ihren Kaffee künftig womöglich zu Hause statt in ihrer Lieblingsbar, haben einige Cafés bereits Neuzugänge von Gästen zu verzeichnen, die nun nicht mehr fürchten müssen, mit verrauchter Kleidung im Büro zu erscheinen. Vielleicht macht das ja auch dem spanischen Hotel- und Gaststättenverband Mut: Bislang befürchtete der Einbußen von bis zu zehn Prozent und den Verlust von 150.000 Arbeitsplätzen.