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Hundertsten Geburtstag feiert der Internationale Frauentag in diesem Jahr – und ein Blick auf die reale Gleichstellung von Frau und Mann in der Gesellschaft zeigt: Es bleibt viel zu tun. Das gilt für Deutschland genauso wie für Spanien, wobei sich die Situationen von Frauen in einzelnen Aspekten länderspezifisch unterscheiden.

So macht sich in Spanien nach Verabschiedung des Gleichstellungsgesetzes im Jahr 2006, vor allem auch nach Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsgremien 2007, ein höherer Anteil an Unternehmen mit einem weiblichen Vorstandsmitglied bemerkbar: Waren es 2006 noch 40 Prozent der Unternehmen, stieg ihre Zahl 2010 auf 55 Prozent.

Ein Blick in die Statistiken des spanischen „Instituto de la mujer” (Fraueninstitut) zeigt, dass ihre Präsenz auch in Regierungsämtern deutlich zugelegt hat: 50 Prozent der spanischen Ministerämter werden heute von Frauen bekleidet. Auch im Europäischen Parlament liegt Spaniens Frauenanteil relativ weit vorn und belegt nach Schweden, Dänemark, Holland und Finnland Platz 5.

In anderen Bereichen der „Gleichstellung” sieht es düster aus: Laut einer aktuellen Studie des Nationalen Statistik-Instituts INE verdienen Männer in Spanien im Schnitt immer noch 34 Prozent mehr als Frauen (2004 waren es noch 38 Prozent). Ein gutes Fünftel der Frauen erhält nur den gesetzlichen Mindestlohn von 600 Euro (oder weniger), während es bei den Männern nur sieben Prozent sind.

Auch unbezahlte Hausarbeit bleibt Frauensache: Wie das INE herausfand, widmen 92'7 Prozent aller spanischen Frauen täglich im Schnitt 4'5 Stunden „Haushalt und Familie”, während das bei den Männern nur 70 Prozent durchschnittlich zwei Stunden tun.

Fakten, die für sich sprechen – auch wenn Spanien seit 2008 ein Gleichstellungsministerium hat, in dem die Fäden im Kampf gegen die Ungleichbehandlung zusammenlaufen. Schon das Gesetz von 2004, das Frauen besseren Schutz vor häuslicher Gewalt bieten sollte, führte zu einer deutlichen Zunahme von Anzeigen.

Vor allem, seit die gesetzliche Nachbesserung durch den „Plan nacional contra la violencia de género” 2006 umfassende, konkrete Schritte zum Schutz der Frau nach der Einleitung der strafrechtlichen Verfolgung ihres Peinigers eingeleitet hat. Trotzdem: Allein in Madrid musste die Polizei 2009 mehr als 20-mal täglich ausrücken, um rund 8000 Fällen von Gewalt an Frauen nachzugehen.

Auch die Studie „Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehung”, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010 herausgab, zeigt: Gewalt gegen Frauen findet in Deutschland wie Spanien in allen gesellschaftlichen Schichten statt und eskaliert häufig im Kontext von Trennungs- und Scheidungssituationen.

Jede Menge Zündstoff für Diskussionen – nicht nur am Internationalen Frauentag – bergen aber auch viele weitere „Gender”-Themen: So sind in deutschen Konzernen weiterhin kaum Frauen vertreten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fand heraus: 2010 lag der Frauenanteil in den Vorständen der größten 200 Unternehmen bei 3'2 Prozent; in den größten 100 Betrieben und den 30 DAX-Unternehmen waren nur 2'2 Prozent der Spitzenpositionen in weiblicher Hand. Kein Wunder also, dass die Frauenquote zurzeit wieder zu hitzigen Disputen führt: Längst überfällig, schimpfen viele.

Und tatsächlich sprechen europäische Ländervergleiche eindeutig für eine Quote: Seit Norwegen als erstes Land eine bindende Quote von 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten einführte, weisen mittlerweile alle börsennotierte Unternehmen mindestens eine Frau auf; 2004 waren es noch 83 Prozent der Unternehmen.

Inzwischen will auch die EU-Kommission mehr Frauen in den Chefetagen sehen: Bis 2015 soll ihr Anteil 30 Prozent in den Aufsichtsräten aller europäischer börsennotierter Unternehmen erreicht haben, fünf Jahre später dann 40 Prozent. Mehr Gleichberechtigung findet bis dann vielleicht auch auf den Gehaltzetteln statt: Heute verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 24 Prozent weniger als Männer.