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Sie ist vielsprachig, energiegeladen, belesen und ungemein sympathisch. Die quirlige Frau mit dem rotblonden Schopf reißt alle mit: ihre Mitarbeiter, die Besucher, manchmal sogar die Behörden, wenn sie mal wieder um finanzielle Unterstützung bittet. Für ihr verbindendes kulturelles Engagement soll Tina Horne am Montag, 9. Mai, von den Ciudadanos Europeos zur „Europäerin des Jahres 2011” ausgezeichnet werden.

Tina Horne, geboren in London, wollte als Tochter von Lehrern und mit sechs Geschwistern gesegnet als junges Mädchen einfach nur weg. Sie wollte die Welt sehen und kam rein zufällig nach Deutschland. An der Kunsthochschule in Hamburg studierte sie Keramik. Und verliebte sich. In einen Deutschen, der Englisch lernen wollte. Sie hatte eigentlich vor, bald weiter nach Paris zu ziehen. Der Kompromiss war Kanada. In Montreal sprach man Englisch und Französisch. Die beiden hatten 100 Dollar Kapital.

Er wurde bald zum kreativsten Kopf in Quebescs Werbeszene, sie unterrichtete. Was ihr schnell zu langweilig wurde. Was tun? Studieren, einen anderen Job suchen? Tina Horne macht Dinge anders als andere Menschen. Sie gewann ein Stipendium an der Universität Montreal für Kommunikation und eröffnete – am Tag ihrer Graduierung – mit ihrem Partner eine Filmproduktionsfirma, Aquilon Film, für Dokumentationen und Informationsfilme, verbunden mit vielen Reisen durch Kanada und die Staaten.

In den 1980er Jahren trennte sich das Paar, und Tina suchte neue Pfade. Sie gründete, gemeinsam mit fünf anderen Frauen, die Firma „Les nouvelles cineastes“, machte Filme über Frauenthemen, unterrichtete Frauen im Filmemachen.

1990 ging sie nach Paris, hatte einen „ganz normalen Job“ als Marketingdirektor mit gutem Gehalt und dickem Dienstwagen. Es dauerte nicht lange, es war nicht ihr Ding.

1992 begann sie ein Filmprojekt in Belgien, kümmerte sich von dort aus um ihre älter gewordenen Eltern. Seit den 1980er Jahren war sie immer wieder nach Mallorca gekommen, kaufte 1985 in S'Arracó ein Stück Land. So lernte sie auch den Maler Hartmut Usadel kennen, der 1997 zusammen mit dem Mallorquiner Jorge Bascones die einstige Hühnerfarm Can Burgos gekauft hatte. Seit den 1960er Jahren wurde ganz Andratx und Umgebung von dort aus mit Eiern und Hühnerfleisch beliefert. Er nannte das von ihm gegründete Kulturzentrum Sa Taronja, der vielen Orangenbäume wegen. Ganz alleine wollte Hartmut Usadel das Kulturzentrum nicht managen, er bat Tina Horne um Hilfe. Sie, die in den Jahren zuvor bereits Schreibwerkstätten veranstaltet hatte, schlug vor, ein Festival ins Leben zu rufen.

Das Festival Ping für experimentelle Kunst, das zwischen 2004 und 2008 fünf Mal stattfand. So kam sie immer häufiger nach Mallorca.
Inzwischen vom Kultur-Virus befallen, kaufte sie 2002 die Bascones-Anteile von Sa Taronja, 2007, als das Grundstück für den Bau von Apartmenthäusern veräußert werden sollte, erwarb sie auch Usadels Part.

Die Herausforderung war, die einstige Hühnerfarm Can Burgos in ein genehmigtes und erfolgreiches Kulturzentrum zu verwandelten. Ein Zentrum, wo jeder sich zu Hause fühlen konnte, gleichgültig, ob Resident oder Mallorquiner, ein Platz, wo jeder durch gemeinsame Kulturarbeit ein bisschen glücklicher werden konnte.

Das war mit vielen bürokratischen Hindernissen verbunden. Heute verfügt Sa Taronja über eine große Halle für Events, die Bar Sa Nau, Theater, Galerie, zehn Ateliers für Künstler und das Restaurant Limón y Chelo, wo man auch ohne Veranstaltungen in Sa Taronja hervorragend essen kann. Auch dort ist eine kleine Bühne für Live-Music.

Noch ist sie nicht am Ziel ihrer Wünsche, dieses ehrgeizige Kulturprojekt durch staatliche und andere Zuschüsse zu finanzieren. Das ist ihre nächste, ihre größte Herausforderung.