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Ein stürmischer Westwind erschwert die Löscharbeiten auf Mallorca. Wie MM von Anwohnern erfahren hat, bereiten sich die Menschen nun auch in der Ortschaft Galilea auf eine Evakuierung vor. Die Bewohner abgelegener Fincas wurden gegen 23 Uhr von der Guardia Civil aufgefordert, sich für alle Fälle mit leichtem Gepäck bereit zu halten. Über Nacht blieb die Räumung allerdings zunächst aus.

Bereits am Sonntagmorgen mussten 700 Menschen zur Sicherheit die Gemeinde Estellencs verlassen. Unter ihnen befinden sich auch einige Dutzend Touristen. Nach MM-Informationen sind auch erste Gebäudeschäden zu verzeichnen, bisher aber nur außerhalb von geschlossenen Siedlungen. Tote oder Verletzte gibt es nicht.

Wie der Bürgermeister von Estellencs, Bartomeu Jover, der Nachrichtenagentur EFE sagte, bestand für die Häuser im Dorf zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr, da die Feuerwalze etwa drei Kilometer entfernt war. Allerdings trieb der Wind gefährliche Rauchschwaden in den Ort, was die Behörden zum Handeln veranlasste.

Größtenteils fuhren die Einwohner bei der Evakuierung mit ihren eigenen Autos. Bei Bedarf konnten auch Busse vom Roten Kreuz in Anspruch genommen werden. Nicht jeder kam bei Verwandten oder Freunden unter: 119 Personen mussten eine Notunterkunft in der Turnhalle von Esporles beziehen.

Auf eine Räumung von Galilea, Puigpunyent und Banyalbufar konnte am Sonntag verzichtet werden. Allerdings trieb ein auffrischender Westwind das Feuer zum Berg Galatzó. Dort mussten im Naturpark Finca Galatzó am Sonntagnachmittag 83 Urlauber und 12 Angestellte in Sicherheit gebracht werden. Am Montagmorgen erreichte die Feuerfront das Areal, das auf Gemarkung Calvià liegt und als Wanderparadies gilt.

Die Menschen in den umliegenden Dörfern sind beunruhigt, weil immer wieder minutenweise das Telefonnetz und die Stromversorgung ausfällt. Manche befürchten nun eine Entwicklung wie in Estellencs. Dort gab es einen großen Stromausfall, bevor in der Nacht auf Sonntag plötzlich der Räumungsbefehl kam.

In den Bereichen Andratx und Sant Elm war das Feuer am Montagmorgen weitgehend unter Kontrolle. Die Bemühungen konzentrieren sich nun auf die Umgebung von Estellencs und den Galatzó, wo ein stürmischer Westwind allerdings die Löscharbeiten behindert. Zeitweise konnten keine Helikopter mehr fliegen.

Laut dem Krisenstab ist in Galilea der Rauch das entscheidende Problem, die Flammen seien noch weit enfernt. Eine Evakuierung sei derzeit nicht vorgesehen, hieß es am Montagvormittag.

Verschiedene Straßen sind wieder frei gegeben, gesperrt bleibt weiterhin die MA-10 von Andratx nach Estellencs zwischen Kilometer 98 und 110.

Mindestens 2000 Hektar Waldfäche sind bereits zerstört. Die offenbar überforderten Mannschaften aus Mallorca mussten mit Militäreinheiten vom Festland verstärkt werden. Generalleutnant César Muro führt das Kommando. Am Sonntag Nachmittag wurden noch einmal 84 Mann Verstärkung vom Festland erwartet.

Am Freitag war es zunächst gelungen, das Feuer von Andratx fernzuhalten. Kurzzeitig hatten sich die Flammen dem Kulturzentrum CCA Andratx bis auf 100 Meter genähert. Außerhalb des Orts mussten mindestens 26 Anwohner vorsorglich ihre Häuser und Fincas verlassen. Hoteliers aus der Gemeinde sprangen ein und verschafften ihnen für die nächsten Tage eine Unterkunft.

Lage am Samstag

Auch nach mehr als zwei Tagen waren die Flammen immer noch nicht unter Kontrolle. Am Samstag breitete sich das Feuer in verschiedene Richtungen aus. Laut Medienberichten mussten auch fünf Häuser in Sant Elm und 15 in S'Arracó evakuiert werden. Zudem hieß es, die Gegend um das Einsiedler-Kloster Sa Trapa in den Bergen gegenüber der Felseninsel Dragonera stehe in Flammen.

Es kam zu erheblichen Sachschäden, und viele Tiere starben in den Flammen. Die balearische Umweltschutzvereinigung GOB spricht von einer ökologischen Tragödie.

Im Einsatz waren insgesamt über 800 Personen mit Flugzeugen, Hubschraubern und Löschfahrzeugen. Die Helfer arbeiten inzwischen abwechselnd in zwei Schichten zu je 400 Mann. Lufteinheiten waren über dem ganzen Südwesten Mallorcas und der Inselhauptstadt Palma unterwegs. Auch aus dem Meer und privaten Swimming Pools wurde Wasser entnommen. Nachts mussten die Flugzeuge am Boden bleiben.

Dimension und Ursache des Brands

Als Brandursache wird Fahrlässigkeit vermutet. Laut der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora wollte ein Mann am Ortsrand von Andratx Gartenabfälle verbrennen, was zu dieser Jahreszeit strengstens verboten ist.

Schon jetzt steht fest, dass es sich auf Mallorca um den schlimmsten Waldbrand seit 1994 handelt. Seinerzeit hatte es ebenfalls auf Gemarkung Andratx rund um das ehemalige Kloster Sa Trapa gebrannt, das von Umweltschützern als Symbol für das unberührte Mallorca betrachtet wird. Es wurde in mühsamer Kleinarbeit restauriert und gehört heute dem GOB.

Möglicherweise sind die Auswirkungen dieses Mal noch schlimmer als damals: Allein in den Stunden seit Freitag Mittag ist auf Mallorca viel mehr Waldfläche verbrannt als im gesamten letzten Sommer, in dem die Medien von einem Feuerteufel zu berichten hatten. 2012 belief sich die Schadensbilanz auf 300 Hektar – dieses Jahr sind es an einem Wochenende schon mehr als 2000, nachdem die Saison mit einigen Bränden geringer Intensivität eigentlich sehr ruhig angefangen hatte. (mic)