Viele machen sich Sorgen um ihre Zukunft: Die Sóller-Orange. | Foto: P. Lozano

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Winterzeit ist Zeit für Zitrusfrüchte. Wenn es draußen kühl und ungemütlich ist, schreit der Körper nach den Vitaminbomben. Auf Mallorca bilden in jeder Saison die Clementinen den Auftakt. Sie erreichen in der Regel bereits im Herbst den besten Reifegrad und können abgeerntet werden. Während Zitronenbäume bis zu viermal im Jahr Früchte tragen können, ist die Königin der Zitrusfrüchte, die Orange, meist im Februar oder März dick und saftig und wartet darauf, vom Baum genommen zu werden. Doch nicht immer hält sich die pralle Frucht an den Kalender.

"Dieses Jahr ist sie zu früh reif", erklärt Franz Kraus, Geschäftsführer von "Fet a Sóller", dem Internetvertrieb für regionale Erzeugnisse aus Sóller, der unter anderem mallorquinische Zitrusfrüchte überwiegend an Mittel- und Nordeuropäer verschickt.

Wegen der Trockenheit und der milden Temperaturen der vergangenen Monate seien die Orangen einen guten Monat zu früh dran und drohen, beim ersten Windstoß vom Baum zu fallen, weil sie bereits so schwer sind. Einige Bauern beginnen deshalb jetzt schon mit der Ernte.

So verwundert es nicht, dass auf dem Hof der Kooperative an der Straße nach Fornalutx bereits Landwirte in ihren "Furgonetas" vorfahren und die Orangen kistenweise am Haupttor abladen. Von dort treten sie den Weg über eine Waage und schließlich über die Laufbänder einer Wasch- und Sortiermaschine an, ehe sie im hinteren Teil der großen Halle transport- beziehungsweise versandbereit gemacht werden.

Die Genossenschaft "Sant Bartomeu" wurde 1899 gegründet und versteht sich als Vertretung und Förderin der Landwirte aus dem Sóller-Tal und ihren Erzeugnissen. Aber so richtig rund läuft es derzeit nicht. Kooperative und Bauern, das scheint manchmal auch so etwas wie eine Hassliebe zu sein. Denn das Zusammenspiel könnte besser funktionieren, findet Marga Morey, die als Agrartechnikerin bei der Kooperative arbeitet und die Landwirte vor allem in Fragen der Schädlingsbekämpfung betreut.

"Wir haben wirklich Schwierigkeiten, alle unter einen Hut zu bekommen", erklärt sie. "Viele der gut 300 Bauern, die ihre Ware bei uns abliefern, wollen sich nicht richtig einbringen. Einige von ihnen kommen nicht mal zu unseren Mitgliederversammlungen. Da sehen wir Verbesserungsbedarf und da arbeiten wir dran. Unser Vorsitzender gibt sich allergrößte Mühe."

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Aber woran liegt das manchmal fehlende Interesse? "Fast alle Bauern hier im Tal sind nur Nebenerwerbslandwirte", erklärt Morey. "Sie pflegen die Orangenhaine aus Tradition, sie wollen das Erbe ihrer Eltern und Großeltern hochhalten, aber fast alle haben auch einen 'richtigen' Beruf."

Dass kaum einer von ihnen von seinen Orangenbäumen leben kann, liegt sicher auch am Preis, der derzeit am Markt erzielt wird. Die Kooperative bezahlt momentan bis zu 55 Cent pro Kilo. "Das ist relativ viel, vergangenes Jahr war es um einiges weniger, etwa 30 bis 40 Cent." Bei Clementinen sei der Preis noch niedriger. "Da ging schon mal ein Kilo für fünf Cent über den Tresen im Großmarkt." Die Kooperative erzielt beim Weiterverkauf einen Gewinn von zirka zehn Cent pro Kilo. Alles in allem ist der Preis aber einfach zu niedrig.

"Mehr ist bei den Zitrusfrüchten im Moment nicht zu holen", sagt Georg Weimert vom Versandhandel "Der Mallorquiner". "Wenn man sieht, zu welchen Preisen Orangen im Discounter angeboten werden, muss man sich nicht wundern, schließlich bestimmt die Nachfrage den Preis."

Dennoch sei zumindest bei vielen Deutschen mittlerweile ein Bewusstsein für qualitativ hochwertige Zitrusfrüchte vorhanden. Davon leben Unternehmen wie "Der Mallorquiner" oder "Fet a Sóller." "Ich glaube, wenn der Konsument den Bauern kennen würde, wäre er sogar bereit, einen höheren Preis zu bezahlen", so Weimert. Aber es sei auch mit den Landwirten manchmal schwierig. "Wir kaufen bei den Kooperativen, weil sie einfach eine Spur verlässlicher sind. Um unsere Kunden zufriedenzustellen, müssen wir sichergehen, dass wir auch immer die Ware zur richtigen Zeit bekommen. Bei einem Bauern kann es schon mal vorkommen, dass er wegen Regens nicht erntet und wir keine Lieferung bekämen."

Die niedrigen Preise, die die Landwirte für ihre Früchte bekommen, führten zu einer Art Teufelskreis, findet Marga Morey. "Die Bauern bekommen wenig Geld, können damit nicht in ihre Orangengärten investieren und damit auch die Qualität nicht steigern. Da beißt sich die Katze in den Schwanz." Investitionen seien nämlich notwendig. "Der Orangenbaum trägt die meisten Früchte zwischen seinem 15. und 40. Lebensjahr", erklärt Morey. Auf Mallorca seien die Bäume zum Teil 80 Jahre alt. Zwar kämpfe man seitens der Kooperative stets dafür, einen ordentlichen Preis zu erzielen, aber das sei eben nicht immer einfach. "Erschwerend kommt nun hinzu, dass uns der Großmarkt Mercapalma in der Inselhauptstadt als einer der Verkaufspunkte als Partner weggebrochen ist." Ein Großteil der Früchte landet nun bei Bars und Cafés im Umland, die ihn zu Saft verarbeiten, oder natürlich in den Marmeladengläsern oder Versandkisten von "Fet a Sóller".

(aus MM 7/2016)