Monsignore Robert Kramer auf dem Dach des Gemeindehauses. Von dort aus hat man einen schönen Blick auf die Kathedrale.

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"Manche Leute sagen mir nach, ich hätte mein Herz an Mallorca verloren. Aber das stimmt nicht", so Monsignore Robert Kramer. Obwohl der Monsignore ein Mann Gottes ist, vermag man ihm doch nicht ganz zu glauben. "Ich hatte nicht vor, meinen Ruhestand hier zu verbringen", fügt der 81-Jährige noch an. Nun gut. So ganz losgelassen hat ihn die Insel in den vergangenen Jahren aber doch nicht.

Nur wenige Wochen, nachdem sich Kramer als Urlaubsvertretung von der deutschsprachigen katholischen Gemeinde auf Mallorca verabschiedet hatte, ist er schon wieder da. Er hilft erneut aus, arbeitet zumindest noch in den Monaten Juli und August als Gemeindepfarrer. Die Gläubigen kennen ihn von vielen Urlaubsvertretungen und vielleicht auch noch aus seiner Zeit als Gemeindepfarrer in den Jahren 2001 bis 2007. In der gleichen Funktion wie aktuell war Kramer auch schon auf Mallorca tätig. 2009 überbrückte er drei Monate Wartezeit auf Pfarrer Peter Wehr. Vor wenigen Wochen wurde Wehr verabschiedet, er wechselt nach Potsdam, ist dort Dekan bei der Bundespolizei. Das Problem: Es gibt bisher keinen Nachfolger. Kramer: "Es hieß, der neue Pfarrer stehe bereits fest. Der kam dann aber doch nicht. Das ging aus irgendwelchen Verwaltungsgründen nicht."

Als Monsignore Robert Kramer 2001 auf Mallorca Pfarrer wurde, erfüllte sich ein großer Wunsch. Der gelernte Dekorateur, der auf dem zweiten Bildungsweg die Religion zu seinem Beruf gemacht hatte, wollte immer schon mal in einer deutschen Auslandsgemeinde tätig sein. "In der Gemeinde herrscht eine große Fluktuation. Viele von damals sind heute gar nicht mehr da", meint der Geistliche, der am Sonntag den ersten Gottesdienst in seiner "neuen" Funktion gehalten hat. Als man ihn bat, wieder einzuspringen, brauchte er nicht lange zu überlegen. "Ich hatte zufälligerweise für diese Zeit keine Termine abgemacht." Denn trotz Ruhestand ist der inzwischen in München lebende Pfarrer immer mal wieder in der Seelsorge als Aushilfe aktiv, wirkt auch bei silbernen und goldenen Hochzeiten mit.

Nach seinem Abschied von der Gemeinde auf Mallorca 2007 war der Monsignore offiziell im Ruhestand. Er blieb erstmal auf der Insel, wohnte ein Jahr in Son Veri Nou nahe Arenal. Dann ging der Rheinländer nach Köln zurück, wo er viele Jahre seines Lebens verbracht hatte. Vor vier Jahren der Umzug nach München. Warum verlässt man mit 77 Jahren nochmal sein soziales Umfeld und startet neu? "Mich reizte die Stadt München und das Umland. Ich bin von klein auf gerne in den Bergen gewesen."

In seiner hauptamtlichen Zeit auf Mallorca war die Gemeinde noch mitten im Tourismustrubel ansässig. Das Gemeindezentrum Sankt Michael befand sich an der Playa de Palma, ein paar Hundert Meter vom Strand entfernt. Kramer erinnert sich: "Ich habe sehr viel Dankbarkeit erlebt. Es gab zahlreiche Hochzeiten und viel froh machendes." Demgegenüber standen viel weniger Beerdigungen als in einer deutschen Gemeinde. Touristen, aber auch Mallorca-Deutsche, die auf der Insel ihr Leben lassen, finden die letzte Ruhe normalerweise in der Heimat.

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Der Geistliche schätzt die Arbeit auf Mallorca wegen der ungewöhnlichen Möglichkeiten. "Hier kann man echt Seelsorger sein, unbelastet von Verwaltungsaufgaben und Ähnlichem. Hier macht einem niemand Vorschriften. Als Pfarrer ist man sehr frei und kann auch die Früchte seiner Arbeit ernten."

Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, diese Erfahrung musste der Gottesmann an der Playa de Palma schnell machen. Er kümmerte sich um Obdachlose und andere Deutsche, die in Not geraten waren. Zumindest soweit es in seinen Möglichkeiten war. Manche Fälle vergisst er nie. "Wo ich auf Menschen getroffen bin, die in Deutschland alles aufgegeben haben und voller Hoffnungen und Erwartungen nach Mallorca gekommen sind. Und die dann irgendwann an dem Punkt waren, wo sie nichts mehr hatten."

In seinem ersten Jahr an der Playa ließ Kramer Flyer drucken und platzierte diese in Hotels und Restaurants, um das Haus bekannter zu machen. Viele Menschen klopften an die Tür, erbaten Hilfe. Heute befindet sich der Sitz der deutschsprachigen katholischen Kirche im Zentrum von Palma, unweit des Museums Es Baluard. Da ist das anders. "Die Leute wissen ja gar nicht, wo wir sind."

Drei Monate bleibt die "Aushilfskraft" auf Mallorca, vielleicht auch etwas länger. Dann sollte der neue Pfarrer gefunden sein. Ob das der letzte Einsatz von Kramer auf der Insel ist? Wenn man ihn das nächste Mal fragt, wird der Monsignore bestimmt nicht ablehnen.

(aus MM 24/2016)