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Bürgermeisterin Liniu Siquier kann den Dorfplatz in Búger nicht in einem Zug überqueren, hier hat ein Mitarbeiter der Gemeinde noch eine Frage, dort will ein Einwohner einen Plausch halten. Die Vorbereitungen für die Fira des Jai (die immer im Mai stattfindet) zwischen Kirche und Rathaus laufen. Das "Dorffest der Großeltern" ist neben dem Patronatsfest im Sommer das größte Ereignis im Ort. Es erinnert seit 1979 wieder daran, wie die Kinder auf die Rückkehr der Eltern und Großeltern von der Fira in Sineu warteten – und deren Mitbringsel.

"Ich war schon immer im Dorf aktiv, und nun kann ich das Leben hier aktiv mitgestalten", erzählt die 36-Jährige. Sie steht seit zwei Jahren der flächenmäßig kleinsten Gemeinde Mallorcas vor. In Búger wohnen auf acht Quadratkilometern zwischen Sa Pobla und Campanet 1030 Einwohner, 54 Kinder besuchen die Dorfschule. Acht historische Windmühlen prägen das Bild des Ortes. Arbeit außer in der Landwirtschaft und im Handwerk gibt es kaum. "Hier wohnen viele ältere Menschen, da ist es als junge Bürgermeisterin nicht immer einfach, Neues durchzusetzen", sagt sie. "Als der Dorfplatz verkehrsberuhigt wurde, gab das riesen Diskussionen." Sie legt Wert auf Teilhabe, und dass es im Ort Angebote für Senioren gibt, das fördere die Gemeinschaft: "Erst wollen alle kein Yoga machen oder Computerkurse besuchen, und dann finden sie es gut."

Búger war eines der Dörfer im Inselinneren, in dem sich schon früh Deutsche niederließen. In den 1950er Jahren erwarb ein Deutscher auf dem Nebenhügel Es Pujol Land, parzellierte es und verkaufte die Grundstücke an ein Dutzend Freunde und Bekannte, die dort Ferienhäuser errichteten.

Auch heute zieht Búger noch Deutsche an. Der Kölner Dr. Olaf Beck und seine Frau haben seit sechs Jahren eine Ferienwohnung im Dorfkern, nun hat der Orthopäde und Unfallchirurg dort auch eine Privatpraxis eröffnet. Jetzt pendelt er zwischen der Domstadt und Mallorca. Warum gerade in Búger? "Es war ein Bauchentscheidung", sagt der Mediziner, der Mallorca seit 40 Jahren kennt. Er liebt an dem Dorf die Ruhe. "Dennoch ist Búger zentral gelegen, man braucht eine halbe Stunde zum Flughafen und mit dem Motorrad acht Minuten ans Meer." Die Bugerons, wie die Einwohner des Ortes heißen, seien freundliche Menschen. Ein Jahr habe es gedauert, bis er und seine Frau sich in der Dorfgemeinschaft aufgenommen fühlten: "Hier läuft alles über die Sprache, und man darf nicht auf dicke Hose machen", erzählt Beck, der im Studium am Klinikum auf Gran Canaria Spanisch lernte. "Es ist ein authentischer Ort", sagt er, "der null touristisch erschlossen ist." Aus seiner Sicht hätte Búger zwar das Potenzial dazu, mehr Urlauber anzulocken: "Doch dann ginge die Ruhe verloren." Ihn persönlich störe nicht, dass nur ab und zu mal ein paar Radfahrer durch den Ort sausen, aber ansonsten nur wenige Urlauber kämen.

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Das Radfahrertrio Udo, Joachim und Christian hat es sich auf der sonnigen Terrasse der Bar "Ca's Rector" (Haus des Pfarrers) neben der Kirche gemütlich gemacht. "Uns gefällt es richtig gut hier", sagen die Sportler. Die Männer aus Karlsruhe fahren immer in Mallorcas Norden, um dort ihrem Hobby nachzugehen. Und der Anstieg nach Búger sei für den einen oder anderen schon ein sportlicher Reiz.

Nicht nur für Sport-, sondern auch für Kulturliebhaber hat der kleine Ort viel zu bieten. In einem alten Bauernhaus an der Straße nach Sa Pobla befindet sich die Kulturstiftung Aca. 1979 gründete der Komponist Antoni Caimari die Fundació Aca (Àrea de Creació Acústica, Ort der akustischen Schöpfung) als Zentrum für zeitgenössische Musik. Mittlerweile sind Inselrat und Balearen-Regierung an der Stiftung beteiligt und Aca genießt einen Ruf, der weit über die Insel hinaus geht. Caimari, der über 300 Musikstücke komponierte und einspielte, ist die Seele der Fundación. Er hat aus dem Bauernhaus einen Konzertsaal gemacht, um seinem Börsendorfer-Flügel den richtigen Klang zu verleihen. "Unser Ziel ist es, zeitgenössische Musik zu verbreiten", sagt der 75-jährige Caimari. Die Stiftung holte Musiker und Komponisten in den Ort: "Búger ist ein Paradies, hier finden Künstler ihre Inspiration", sagt der Komponist.

Maria Antònia Crespí arbeitet seit 2012 in der Fundación mit: "Mit neuen Projekten versuche ich, moderne Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen", sagt die junge Frau. Sie nahm Interviews mit Frauen aus Sa Pobla auf und unterlegte diese musikalisch, auch spielte die Musikgruppe des Dorffests schon in der Stiftung. Aca hat noch große Pläne. Caimari und Crespí schwebt vor, Ableger der Stiftung an allen vier Kardinalspunkten der Insel zu eröffnen. Außerdem planen sie ein Auditorium für 300 Leute auf dem 10.000 Quadratmeter großen Grundstück der Fundación. "Das wäre ein großer Schritt für den Kulturtourismus auf Mallorca", sagt Maria Antònia Crespí.

(aus MM 19/2017)