In der Polizeiwache San Fernando wurde beim morgendlichen Kontrollgang der leblose Körper gefunden. | Archiv

TW
2

Es ist keine Partynacht wie jede andere am Paseo Marítimo in Palma. Denn an ihrem Ende stehen die eingeschlagene Scheibe eines Polizeiautos, drei verletzte Beamte sowie ein toter Deutscher. Wachhabende der Polizeidienststelle San Fernando in Palma entdecken Mohamed E. A. am Samstagmorgen, 25. März, leblos in einer Arrestzelle. Er war anderthalb Stunden vorher von den Beamten auf der Ausgehmeile festgenommen worden. Die Polizei geht von einem Suizid des 35-Jährigen aus. Jetzt meldet sich die Familie des Opfers zu Wort, sie glaubt nicht an diese Version.

Was passierte in jener Nacht? Mohamed E. A. war am Paseo Marítimo ausgegangen: "Das war das erste Mal, seit er auf Mallorca wohnt", berichtet sein Bruder gegenüber dem MM. Der Deutsche mit marokkanischen Wurzeln lebte seit sechs Wochen auf der Insel, wollte sich hier selbstständig machen, raus aus Frankfurt und Offenbach, und ein neues Leben angefangen.

Gegen 5.30 Uhr geriet er in jener Nacht vor einem Lokal mit einem Türsteher in Streit, der ihm den Zutritt verwehrt hatte. Daraufhin wurde die Polizei zu der Auseinandersetzung auf Palmas Ausgehmeile gerufen. Das berichten Lokalpolizei und der Bruder des Opfers.

Der Mann sei extrem berauscht und gewalttätig gewesen, berichtet ein Sprecher der Lokalpolizei. Hinzu kommt, dass das Opfer sehr groß und kräftig war. Die Beamten mussten Verstärkung anfordern, sieben Polizisten waren nötig, um den 35-Jährige abzuführen. Er habe sich so stark gewehrt, dass er nicht nur drei Ordnungshüter verletzt habe, die danach eine Woche krankgeschrieben waren, sondern auch die Scheibe eines Streifenwagens eingeschlagen habe, so die Darstellung der Behörde.

Gegen 6 Uhr wurde der Mann in eine Arrestzelle in der Polizeiwache San Fernando gebracht. Dort wurde er registriert, die Beamten nahmen ihm dem Gürtel ab. "Er hatte lediglich eine Kreditkarte, aber keinen Ausweis dabei", sagt der Sprecher der Lokalpolizei. Wie auf dem Überwachungsvideo der Polizeiwache zu sehen ist, führen mehrere Beamte den Mann in die Zelle.

Ähnliche Nachrichten

Beim ersten Kontrollgang um 7.30 Uhr wurde Mohamed E. A. dann leblos in der Zelle gefunden, die Beamten alarmierten den Rettungsdienst. Dieser konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Er soll sich in der Zelle mit dem Ärmel seines Polohemds erhängt haben. Die Nationalpolizei nahm Ermittlungen auf, die bis heute nicht abgeschlossen sind.

Die Familie will Klarheit. Denn sie glaubt nicht an einen Suizid und nahm sich einen Anwalt. Die Frage ist, wie sich der große und kräftige 35-Jährige mit einem Kleidungsstück erhängen konnte. "Der Leichnam wurde immer noch nicht freigegeben", sagt der Bruder. Es wurde eine zweite Obduktion angeordnet. Die Rede ist von einem Schädel-Hirn-Trauma, das durch einen dumpfen Schlag entstanden sein könnte.

Zwei Tage nach dem Vorfall hatte die Lokalpolizei erklärt, dass ihre Beamten sich nichts hätten zuschulden kommen lassen. Zu dem Zeitpunkt lagen die Ergebnisse der ersten Obduktion noch nicht vor. Das Poloshirt wurde Mitte April in der Gerichtsmedizin in Madrid untersucht.

"Wir bedauern den Tod des Mannes sehr", sagt der Pressesprecher, "wir haben nichts zu verbergen. Die Beamten haben sich korrekt verhalten." Die Nationalpolizei wartet unterdessen noch auf verschiedene Untersuchungsergebnisse, um mit den Ermittlungen weiterzukommen. Doch auch hier heißt es aus der Pressestelle, man gehe davon aus, dass es sich um einen Selbstmord des Festgenommenen handelte.

Der Bruder klagt, dass dem Anwalt der Familie viele Informationen vorenthalten würden. Was wirklich geschah, solle vertuscht werden. "Wir waren selbst wochenlang auf Mallorca", sagt der 38-Jährige. "Im Gericht hat man nur mit den Schultern gezuckt, als wir dort waren, da flippt man echt aus", sagt er. Die Familie glaubt, dass die Polizisten einen Fehler gemacht habe, der zum Tod von Mohamed E. A. führte: "Doch die Polizei ist immer schwer zu belangen", fügt der Bruder hinzu.

(aus MM 23/2017)