Die ältesten Teile von Es Murterar sollten bis 2020 abgeschaltet werden. | Miquel Angel Cañellas

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Das als „Dreckschleuder” verschrieene Kohlekraftwerk von Es Murterar (Alcúdia) wird vorerst nicht vom Netz genommen, auch nicht teilweise. Die spanische Zentralregierung hat am Montag den Plan der Balearen-Regierung, die zwei ältesten Linien der Anlage spätestens 2020 vom Netz zu nehmen, abgelehnt. Als Grund werden die hohen Kosten für Alternativen angeführt. Die Regionalregierung will nun die EU einschalten.

Die beiden Kraftwerksteile, die als erste abgeschaltet werden sollten, haben inzwischen 35 Jahre auf dem Buckel. Nach einer Studie des unabhängigen Wissenschaftsrates „Observatorio de la Sostenibilidad” zählt Es Murterar zu den „Top Ten” der spanischen Verursacher von Treibhausgasen. Die Umweltgruppe GOB zitiert eine weitere Studie, wonach das Kraftwerk 64 Prozent der schädlichen Emisionen auf den Balearen generiert.

Trotzdem handelte sich der balearische Energieminister Marc Pons am Montag in Madrid ein klares Nein zu den Plänen ein, die Anlage bis 2025 sukzessive vom Netz zu nehmen. Dabei geht es ums Geld. Madrid rechnet vor, dass das Vorhaben die spanischen Stromverbraucher zusätzliche 200 Millionen Euro kosten würde. Das sei untragbar. Bereits jetzt müssten sie 300 Millionen jährlich aufbringen, um die Strompreise auf den Balearen zu subventionieren.
Balearen-Minister Marc Pons machte eine ganz andere Rechnung auf. Nach seinen Kalkulationen würde die Abschaltung der beiden ältesten Linien „nur” zehn Millionen Euro kosten. Der Ausfall von Es Murterar sollte diesen Plänen zufolge durch die bestehenden Erdgas-Kraftwerke Son Reus und Cas Tresorer sowie den Ausbau der Solaranlagen kompensiert werden. Madrid zweifelt das auch technisch an: Die Energieversorgung der Inseln wäre nicht mehr gewährleistet.

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Marc Pons bezeichnet die Haltung der Zentralregierung als „falsch” und „sehr hart”. Hier gehe es nicht nur ums Geld, sondern auch um die Umwelt und die Gesundheit. Der Regionalminister kündigte an, die EU einzuschalten, denn das Nein aus Madrid stehe nicht im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der spanischen Regierung im Kampf gegen die Klimaerwärmung.

Und er kündigte eine Art Vergeltung an: Es Murterar erfülle ab 2020 nicht mehr die geltenden Richtlinien und müsse aufwendig nachgerüstet werden. „Wir werden aber keine Baugenehmigung erteilen, die eine Verlängerung der Laufzeit von Es Murterar bedeutet.

Zufrieden sind hingegen die Mitarbeiter des von Endesa betriebenen Kraftwerks. 150 von ihnen hatten am vergangenen Freitag vor dem Werksgelände gegen die Schließungspläne der Balearen-Regierung protestiert. (jog)