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Eine solche Leidenschaft, wie sie Meeresbiologe und Autor Robert Hofrichter für das Mittelmeer empfindet, lässt sich nicht in wenigen Worten ausdrücken. Da muss man schon ein wenig ausholen. Heraus kam ein beeindruckendes Standardwerk von über 1000 Seiten: „Das Mittelmeer. Geschichte und Zukunft eines ökologisch sensiblen Raums.” Ein ausgesuchtes Autorenteam von erfahrenen Experten hat ihn unterstützt.

Die Begeisterung für das Mittelmeer springt im Gespräch mit dem Buchautor und Herausgeber über. Seit über 40 Jahren beschäftigt sich der ausgebildete Meeresbiologe mit diesem Natur- und Kulturraum. Sein Blick ist ganzheitlich, Erzherzog Salvator von Österreich eins seiner großen Vorbilder.

Der Ansatz der neuen Disziplin der Mediterranistik spiegelt die Herangehensweise wider: Aspekte der Geschichte, Geologie, Geografie und natürlich Meeresbiologie fließen ein und lassen den Leser tief in diese faszinierende Region eintauchen.

Dabei hat der Träumer, wie sich Hofrichter selbst nennt, die Akquise keineswegs vom heimischen Schreibtisch aus getätigt. Als passionierter Taucher war er selbst schon vor Mallorcas kleiner vorgelagerter Insel Cabrera in den Tiefen unterwegs. Die dortige Vielfalt bringt ihn ins Schwärmen, die Meeresschutzzonen rund um die Balearen seien hervorragend. „Man muss das Meer einfach in Ruhe lassen. Dann kann man beobachten, wie es sich selbst reguliert und erholt“, sagt er.

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Der Herausgeber wagt folgende These: Der Raum aus drei verschiedenen Klimazonen ist die Wiege unserer Zivilisation. Nur aufgrund der Buchten im östlichen Mittelmeer war Handel und Küstenseefahrt möglich. Auch kulturwissenschaftlich hat der Mittelmeerraum unschlagbare Qualitäten, so der Forscher. Dank des wunderbar milden Klimas unter einem Olivenbaum ließ es sich fabelhaft philosophieren. Der gute mediterrane Wein beflügelte die Gedanken zusätzlich. „Das wäre in Sibirien nicht möglich gewesen“, erzählt er lachend. Das Mittelmeer als romantischer Sehnsuchtsort, was sich in den stabilen Buchungszahlen vieler Urlauber abbildet – Corona-Pandemiejahre ausgenommen.

Das Buch ist ein Allrounder. Bei seiner Konzipierung haben strenge verlegerische Vorgaben eine untergeordnete Rolle gespielt. Der überzeugte Mediterranist und Reisende hat vielmehr die eigenen Leidenschaften und den ganzheitlichen Blick walten lassen. Er und sein Autorenteam möchten Studierende, Segler, Reisende, kurz alle Mittelmeerfreunde damit ansprechen.

Es ist ein fundiertes Nachschlagewerk, das viele Jahre überdauern wird. Gänzlich zeitlos ist es aber nicht. Aktuelle Themen wie Wassermangel, Klimawandel und Umweltthemen finden Platz und kritische Worte.

Die Leser werden eingeladen, den 4000 Kilometer umspannenden Raum von Ost nach West auf 1250 Seiten geballten Wissens zu entdecken. Die Reise lohnt sich.

(aus MM 44/2020)