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Esteve Gomila ist ein moderner Alchimist. „Machen Sie mal Ihre Hände auf”, sagt er und gibt einen Tropfen auf eine Handfläche. „Jetzt reiben Sie Ihre Hände zusammen und riechen daran.” Gesagt, getan. Ein intensiver, zugleich milder, angenehm süßlicher Zitrusduft steigt auf. Kaum zu glauben, dass ein Tröpfchen so ein großes Aroma verbreiten kann. „Was meinen Sie, was das ist?”, fragt der junge Mallorquiner. „Hmm, das ist ... ehm ..” Gomila hilft aus: „Mandarine.”

In einem kleinen Labor bei Búger, mitten in einem ausgedehnten Kräutergarten, destilliert Esteve Gomila ätherische Öle und Hydrolate mit Wasserdampf. Sein Ziel ist nicht nur die Produktion und der Verkauf. Er hat eine Mission: „Die Sinne der Menschen für das Aroma der Pflanzen öffnen, damit sie diese genießen und dabei über die Pflanzen sowie die Anwendung der ätherischen Öle lernen.” Park der Düfte, „Parc de les Olors”, heißt das Projekt.

Früher hätten die Menschen über den Duft und Geruch von Pflanzen Informationen aufgenommen. Heute habe man sich weitgehend davon entfremdet. „Mit ihrem Duft kommunizieren die Pflanzen.” Es sei eine ganz spezifische Sprache. In ihrer vollen Bedeutung verstehe man sie noch gar nicht. Aber sie gehe weit über das Ästhetische hinaus. Viele Pflanzenöle hätten auch medizinische, antibakterielle und antivirale Wirkung.

Eigentlich ist Esteve Gomila Umwelttechniker. Elf Jahre lang arbeitete er an der Balearen-Universität im Bereich analytische Chemie und Umweltmanagement. Um sich ganz dem Projekt widmen zu können, gab er seinen Job auf. Erst habe er sich autodidaktisch gebildet, sagt er. Jetzt studiere er einen europäischen Masterstudiengang in Aromatologie und angewandter Aromatherapie.

Das wichtigste Element im Labor ist eine alte Kupferdestille. „Die ist eigentlich ein Socken”, erzählt der bärtige Mallorquiner und erklärt: Als Teenager habe er als DJ gejobbt und anschließend Kleingeld aus den Hosentaschen in einen Socken gegeben. Später habe er den Socken vergessen, bis ihn eines Tages seine Mutter anrief: „Esteve, ich habe einen Socken mit 900 Euro drin gefunden.” Damit kaufte er die Kupferdestille. „Kommen Sie, gehen wir in den Garten”, meint er dann.

Es duftet nach Zitronenmelisse, Lavendel, Pfefferminze. „Das ist nicht Pfefferminze, sondern Frauenminze”, korrigiert Gomila, „sie hilft bei Darmparasiten.” Eine mächtige Pflanze fällt auf, bestimmt zwei Meter hoch, erinnert an Zitronengras, nur viel größer. Das sei Vetiver, ein tropisches Süßgras. Die Wurzeln könnten fünf bis zehn Meter lang werden. Vetiver werde gegen Bodenerosion genutzt, zum Entkontaminieren von Boden und Wasser und als ätherisches Öl unter anderem zum Entspannen.

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Daneben steht eine ganz aromatische Pflanze, kahle Stängel, spaltige Laubblätter. „Das ist Einjähriger Beifuß, Artesimia vulgaris, eine jahrtausendalte Heilpflanze. Sie wirkt gegen Malaria und stärkt das Immunsystem.” Und nicht nur das. Auch gegen Covid-19 kann Einjähriger Beifuß vielleicht helfen. Am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam nehmen Wissenschaftler derzeit die Wirksamkeit des Krauts unter die Lupe.

Seit kurzem bietet Gomila Workshops an. Die Teilnehmerzahl ist auf zehn Personen begrenzt und der Sicherheitsabstand wird gewährleistet, betont er. „Wahrnehmen, fühlen, verbinden” lautet das Motto. Wie erkennt man Kräuter- und Aromapflanzen, wie können anti-bakterielle und anti-virale Öle verwendet werden, und wie kann man selbst ätherisches Öl destillieren? Darum geht es.

Geplant sind auch Aromatologie-Wochenenden in Verbindung mit „Glamping”. Das Wort setzt sich zusammen aus Glamour und Camping und bedeutet Camping mit Komfort. „Wir zelten auf ausgewählten Privatfincas mit besonderen Ökosystemen, zum Beispiel einem alten Steineichenwald, um ganz in die Natur einzutauchen, während wir über die Pflanzen lernen.”

Der Parc de les Olors ist keine Erfindung von Esteve Gomila. In Katalonien gibt es bereits solch ein Projekt. Es ist ein Zusammenschluss aus 18 Parks, beziehungsweise Gärten, alle mit unterschiedlichen Pflanzen, Umweltbedingungen, Produkten und Aktivitäten für die Öffentlichkeit. Gomila hofft, dass auf Mallorca ein ähnlich großes Projekt entsteht. Es erlaube Landwirten, zusätzliche Einkünfte zu generieren und verlassene Fincas wieder zu nutzen. Damit sei es auch eine Form der Landschaftspflege. Eine Kooperation besteht bereits mit der Kulturstiftung ACA in Búger. Auf der zur Stiftung gehörenden Grünfläche Sa Vacal sollen didaktische Pfade angelegt werden, um unterschiedliche Pflanzen wahrzunehmen und über sie zu lernen.

Informationen über Workshops bei Esteve Gomila:

Tel. 649-592252, buger@parcdesolors.com