Viele Hauskatzen wurden während der Pandemie ausgesetzt. | Privat

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Es ist Futterzeit in der Katzenkolonie von Badia Grande. Seit sieben Jahren kümmert sich Sabine Seinsche um die herrenlosen Tiere, alle zwei Tage kommt sie zum Füttern. Ihre Schützlinge kennen ihr Auto schon. Kaum fährt es um die Ecke, flitzen sie über die Straße, rote, schwarze, weiße, gescheckte und getigerte. Ein Dutzend sind es etwa.

Die Tiere sehen gepflegt aus, einige lassen sich sogar von der Berlinerin streicheln. Sie merke, wenn etwas mit einer Katze nicht stimme, meint Seinsche. Dann mische sie ein Heilmittel unters Futter. Meist helfe das gut. Am Anfang habe sie den Tieren Namen gegeben, jetzt tue sie das nicht mehr, um sich nicht zu sehr an sie zu binden.

An erster Stelle, so die engagierte Frau, stehe der Tierschutz – und das bedeute kastrieren. „Füttern ohne kastrieren ist für mich kein Tierschutz.” Die Eurotierklinik gebe ihr einen Sonderpreis für die Operationen, auch der balearische Tierschutzdachverband Baldea und die Schweizer Katzenhilfe unterstützten sie.

Durch die Ausgangssperre im Frühjahr sei es dieses Jahr schwerer gewesen, alle Tiere zu kastrieren beziehungsweise zu sterilisieren. „Inzwischen habe ich es geschafft.” Ein fülliger Siamkater ist aber noch im vollen Besitz seiner Männlichkeit. Seit einiger Zeit fresse er hier mit, er sei sicher ein Hauskater, meint die Koloniebetreuerin und seufzt. „Es gibt immer noch Leute, die ihre Katzen nicht kastrieren lassen.” Sie versuche herauszufinden, von welchem Haus der Kater komme. Von sich aus darf sie ihn nicht kastrieren lassen.

Sabine Seinsche ist Reiseberaterin und seit März ohne Einkommen. „Eigentlich kann ich es mir nicht mehr leisten, den Katzen zu helfen.” Allein das Futter koste sie gut 50 Euro pro Monat. Aber sie mache weiter. „Der Tierschutz ist für mich ein Dankeschön an die Insel und ihre Lebewesen.”

Anderen herrenlosen Katzen auf Mallorca geht es nicht so gut. Die Situation sei kritisch, meint die Vorsitzende von Baldea, Maxi Lange. Durch den Lockdown konnte drei Monate lang fast nicht kastriert werden. „Viele Weibchen haben Junge bekommen und da muss man warten, bis sie wieder vier bis fünf Monate alt sind und kastriert werden können. Das bedeutet wieder mehr Kastrationen und mehr Geld.”

Viele Koloniebetreuer seien in Kurzarbeit oder ohne Job und hätten kein Geld mehr für Futter und Kastrationen. Vereinzelt hätten Betreuer die Insel verlassen und die Kolonien sich selbst überlassen. Auch Hauskatzen seien ausgesetzt worden, weil ihre Besitzer zurück nach Deutschland, England oder auf das spanische Festland gegangen seien. Ausnahmen gebe es. „Eine Deutsche hat ihre gesamte Katzenkolonie mit nach Deutschland genommen, sieben Tiere, eine Katze steht noch aus, wir versuchen sie noch einzufangen.” Schließlich fehlten auch Zweitwohnsitzler, die sonst auf der Insel überwinterten und sich um Katzen kümmerten.

Herrenlose Katzen sind die Verantwortung der Gemeinden. Diese arbeiten mit den freiwilligen Helfern zusammen. Der Inselrat habe 2020 keine Subventionen für Kastrationsprogramme bewilligt, sagt Maxi Lange. Das sei unverständlich, weil die Subventionen bei den Gemeinden sehr beliebt gewesen seien. Im letzten Jahr waren 244.000 Euro zur Verfügung gestellt worden.

Im Juli gab der Inselrat eine Empfehlung für eine inselweite Regelung von Katzenkolonien heraus. Es ist ein Vorschlag, keine Verordnung. Die Vorsitzende von Baldea hält das Regelwerk für „völlig unpraktikabel”. Unter anderem empfiehlt der Inselrat, Koloniekatzen regelmäßig zu impfen, entwurmen und entflohen. „Was denken die denn, wie leicht es ist, eine verwilderte Katze einzufangen? Ich kann froh sein, wenn ich das einmal schaffe, um sie zu kastrieren.” Kolonien sollten aus maximal zehn Katzen bestehen und überzählige Tiere umgesiedelt werden. Überhaupt sollten laut Inselrat Katzenkolonien nur innerhalb von Orten sein, nicht außerhalb. Die meisten Kolonien befänden sich aber auf „Suelo rústico” (ländlichem Grund). „Wohin damit?” Eine realistische Rahmenregelung und Anerkennung der Arbeit der freiwilligen Helfer sei nötig. „Wir kreieren das Problem nicht, wir versuchen es in den Griff zu bekommen”, betont Maxi Lange. Baldea habe jetzt Änderungsvorschläge ausgearbeitet.

Der Großteil der Bevölkerung wolle nicht, dass herrenlose Katzen eingeschläfert werden. Die Alternative sei Kastration. „Das ist unser Vorschlag: Kastrieren, damit sich die Kolonien allmählich verkleinern und irgendwann nicht mehr existieren.” Kastrationsprogramme funktionierten. Baldea sehe Erfolge. „Es werden weniger Katzen, wenn man es richtig macht.” Aber es müsse schnell gehandelt werden und Gelder müssten zur Verfügung gestellt werden. Die freiwilligen Helfer machten die Arbeit, aber sie könnten nicht auch noch die Kastrationen bezahlen, gerade jetzt.

„Wir wollen alle keine Katzenkolonien. Aber bis wir dort angekommen sind, wollen wir, dass die Kolonien bleiben, wo sie sind – mit Ausnahmen.” Selbstverständlich sollten in bestimmten Naturgebieten zum Vogelschutz keine Katzenkolonien sein. „In Feuchtgebieten zum Beispiel können Katzen großen Schaden anrichten. Das wollen wir nicht.” Das Problem sei durch unkastrierte Hauskatzen entstanden. Deshalb müssten alle Hauskatzen mit Freigang kastriert und gechippt werden. Einige Gemeinden verlangten dies bereits.

An die Leser gerichtet sagt Maxi Lange: „Unterstützen Sie Ihren lokalen Tierschutzverein. Die Hilfe ist jetzt nötiger denn je.” Und wer eine streunende Katze in seinem Garten sehe, solle sofort die Tierschützer anrufen. „Warten Sie nicht, bis es fünf oder zehn Katzen sind.”

Spenden:

Maxi Lange, Baldea-Verband

Spendenkonto Baldea

Iban: ES34 0061 0126 1900 4496 0118

BIC: BMARES2M

Spenden an die Katzenhelferin Sabine Seinsche bitte ebenfalls an Baldea (mit Namen kennzeichnen)