Luftbild von Manacor. | Wikimedia Commons/Ralf Roletschek

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Es muss eine wahre Freude gewesen sein, in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts in Manacor gelebt zu haben. Denn damals gab es in der zweitgrößten Stadt Mallorcas mit der Fonda Femenias ein geradezu mondänes gesellschaftliches Zentrum. Der im fernen Argentinien zu Reichtum gelangte Francesc Femenías Estrany hatte 1872 dem damals keine 9000 Einwohner zählenden Ort die Kombination aus Café-Casino, Hotel und Theater geschenkt.

Heute steht das einst so überaus belebte Gebäude noch immer an dem Platz, der seit einiger Zeit General Weyler heißt. Doch es ist verwaist, der Putz blättert ab. Ein Ende des 19. Jahrhunderts von einem Italiener hinter den neoklassizistischen Säulen kreiertes Wandgemälde im impressionistischen Stil lässt erahnen, dass es hier zuweilen richtig großstädtisch zugegangen sein muss. Kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in die Fonda Femenias sogar ein Kino integriert.

„Das alles soll restauriert werden”, sagt Maria Magdalena Sureda und blickt auf den eigentümlichen Bau. Die Stadtführerin zeigt Interessierten historisch und künstlerisch wertvolle Gebäude, die auf den ersten Blick nicht allzu sehr ins Auge stechen.

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Da wäre zum Beispiel das Gebäude der seit mehr als zehn Jahren nicht mehr existierenden „Banco de Crédito Balear”. Dieses Geldinstitut hatte seine großen Zeiten Ende des 19. Jahrhunderts, alsFrancesc Femenías Estrany seine Fonda einrichtete. Die Bank, konnte es sich damals leisten, ein wuchtiges Gebäude mit einer meterhohen Skulptur auf dem Dach ins Zentrum dieser damals beim mallorquinischen Land- und Geldadel als Anziehungspunkt geltenden Stadt zu bauen. Man finanzierte unter anderem den Bau der Eisenbahn bis Felanitx. Dabei handelte es sich um eine Strecke, die schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr existiert. An der Fassade des Gebäudes steht noch verwaschen „Banco de Crédito Balear”, doch Herr im Haus ist inzwischen das internationale Santander-Geldinstitut. Unrühmlich ins Gedächtnis von vielen Sparern aus den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts hatte sich die plötzliche Unfähigkeit der Crédito-Bank eingegraben, wieder Geld auszuzahlen. Viele Menschen wurden damals um ihre gesamten Anlagen gebracht. Nach einer Intervention der spanischen Staatsbank konnte die „Banco del Crédito” ein Jahr wieder später arbeiten, als ob gar nichts 
geschehen wäre.

All das ist verstaubte Vergangenheit, die mit dieser Stadt Manacor zusammenhängt, von der viele heutzutage nur mit gerümpfter Nase sprechen. Doch die Weltläufigkeit, die einst auch hier trittfest zu Hause war, ist noch immer spürbar. Und das will Maria Magdalena Sureda den Menschen bei ihrem Rundgang klarmachen.

„Im 19. Jahrhundert und auch schon davor ließen reiche Landgut-Besitzer im Zentrum von Manacor Stadthäuser errichten”, sagt sie. Und die sind, wie man heute noch sieht, alles andere als von Pappe. Da wäre zum Beispiel das im einfach-eleganten neoklassizistischen Stil der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehaltene Haus Can Massanet. Hier ließen sich feine Damen und Herren früher den Tee servieren, bevor sie in die Fonda Femenias schlenderten, um sich an Theaterstücken zu ergötzen. Bei anderer Gelegenheit dürften sie mit dem damals nagelneuen Zug ausflugstechnisch nach Felanitx gedampft sein.

Ende des 19. Jahrhunderts folgten Stadthäuser im damals auch bei „Possessió”-Besitzern schwer angesagten katalanischen Jugendstil. Von denen gibt es in Manacor einige. Mit verspielt-ästhetisierenden Ornamenten versehen, erinnern sie an ähnlich aussehende Gebäude in Palma und Barcelona. Der auf Spanisch „Modernismo” genannte Stil brach sich im Zuge der auch auf Mallorca intensiv über die Bühne gegangenen industriellen Revolution und der damit einhergehenden völligen Veränderung der Lebensumstände der Menschen Bahn. Hatte man Jahrzehnte davor an neoklassizistischen Fassaden noch Allegorien römischer Zustände angebracht, so waren es jetzt verschränkte Pflanzenmotive oberhalb der Fenster und Türen. Wobei „Modernismo” nicht gleich „Modernismo” ist. In Manacor befindet sich mindestens ein Gebäude, dessen Architekten den kantigeren Austro-Jugendstil bevorzugten.