Wenn Pierre Kreißl Brot sieht, ist er in seinem Element.

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Die Sonne scheint über Santa Ponça, während Pierre Kreißl gut gelaunt in der Küche seines Apartments vor einem Regal voller Glasbehälter mit verschiedenen Mehlsorten steht. Rund 20 verschiedene Typen – von Sesammehl über Sonnenblumenmehl bis hin zu Sojamehl – finden dort ordentlich beschriftet Platz. „Alles, was da steht, ist ‚Low-Carb’, also mit weniger Kohlenhydraten“ erklärt der 50-Jährige, der eigentlich Gastronom, DJ und Moderator ist und nun seit kurzem seine eigene, „ketogene” Brotbackmischung vermarktet. „Ketogen, das bedeutet besonders arm an Kohlenhydraten und reich an Eiweißen“, erläutert Kreißl. Seit dem er nach einer Stoffwechselkur mit Ernährungsumstellung vor vier Jahren 45 Kilogramm abgenommen hat, schwört er auf diese Ernährungsweise. „Ich hatte mich in den Jahren vor 2016 ziemlich gehen lassen, auch weil es mir psychisch eine Zeit lang nicht so gut ging“, erzählt Kreißl.

Mit Aufs und Abs im Leben, damit kennt er sich nur zu gut aus. Die Achterbahnfahrt des Pierre Kreißl beginnt zunächst oben. Bereits in der Kindheit und Jugend konnte er sich einen Traum erfüllen: Mit nur sieben Jahren spielte er in einer Kinderfernsehserie mit und mit 14 bekam er eine Nebenrolle im Tatort, später war er als DJ gefragt. „Die Erfahrung beim Film war super. Und mir war schon damals klar, dass ich unbedingt ins Fernsehen will“, erinnert sich Kreißl.

Auf Drängen seiner Eltern machte er aber zunächst eine Ausbildung zum Friseur. „Ich sollte etwas Anständiges lernen. Also wurde ich Friseur, mit dem Hintergedanken später als Maskenbildner zum Film zu kommen und so den Sprung vor die Kamera zu schaffen“, sagt Kreißl. Ein schwerer Autounfall mit gerade einmal 19 Jahren machte diese Pläne zunichte. „Danach saß ich erst einmal im Rollstuhl und ging an Krücken. Schulden hab ich auch gemacht, das alles hat mich zehn Jahre meines Lebens gekostet“, erzählt der gebürtige Frankfurter. Nach erfolgreicher Rehabilitation machte sich Kreißl auf Jobsuche–kein leichtes Unterfangen mit 30 Jahren und ohne Arbeitserfahrung.

So kam es, dass er–dankbar für jeden bezahlten Job–in die Gastronomie rutschte. „Nie vergessen werde ich das Weinfest in Langen. Da stand ich eigentlich hinterm Tresen–bis der DJ kurzfristig ausfiel. Ich hatte ja schon einige Erfahrung in dem Bereich und habe kurzerhand die Party geschmissen. Was soll ich sagen: Die Leute waren begeistert und haben mich gefeiert als sei ich Marius Müller-Westernhagen oder so“, erinnert sich Pierre Kreißl schmunzelnd.

Es folgten unzählige Auftritte als DJ und Moderator auf der Bühne. Bald moderierte er auch Stadtfeste, Messen und Konzerte und lernte viele Stars kennen. „Ich weiß nicht wie oft ich schon Jürgen Drews anmoderiert habe, ein richtig netter Kerl. Oder auch Olaf Henning, Andrea Berg und Michael Wendler“, erzählt Kreißl. Einige Jahre später bewarb er sich beim Radio–und war fortan fünf Jahre lang jeden Morgen zu hören, bis er im Jahr 2004 endlich den lang ersehnten Sprung vor die Kamera schaffte: Pierre Kreißl wurde Moderator beim Fernsehsender 9Live und moderierte dort verschiedene Quizsendungen. „Zwei Jahre habe ich das gemacht. Eine tolle Zeit“, sagt Kreißl.

Allerdings kämpfte er bald mit Neid und Missgunst einiger Kollegen und entschied sich, um dem Druck zu entgehen, 2006 für eine Auszeit – auf Mallorca. „Was soll ich sagen, danach habe ich dem Medienrummel den Rücken gekehrt und bin– mit kurzen Unterbrechungen–seitdem auf meiner Lieblingsinsel geblieben“, resümiert Kreißl. In den vergangen Jahren habe er hier sein Geld als privater Koch wohlhabender Urlauber verdient und mit seinem Stand auf dem Weihnachtsmarkt in Santa Ponça. „Das Kochen habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe ja lange in der Gastronomie gearbeitet. War auch in Deutschland schon selbstständig damit. Mein Frankfurter Reibekuchen und der hausgemachte Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt waren schon so etwas wie Kult“ erzählt er. Außerdem hatte er Engagements als DJ auf den Kreuzfahrtschiffen der Aida-Flotte.

Durch die Covid-19- Krise sind Pierre Kreißl in diesem Jahr jedoch fast alle Einkünfte weggebrochen und er musste sich wieder einmal neu erfinden. „Eine eigene Brotbackmischung zu verkaufen, das war eigentlich nie der Plan“, sagt Kreißl. Auch nicht, als er anfing sich einfachheitshalber die Zutaten für sein eigenes, ketogenes Brot in kleine Beutel abzufüllen. Unter anderem Leinmehl, Chiamehl und Flohsamenschalen, also die Fruchthaut des Wegerich. „Wenn Freunde dann von meinem Brot probierten, kam oft die Frage nach der perfekten Mischung auf. Ich habe ihnen dann einfach ein Beutelchen mitgegeben und sie konnten es selber machen“, erzählt Kreißl, der über drei Jahre an der perfekten Zusammensetzung feilte. Die Coronakrise brachte ihn schließlich auf die Idee, die bei seinen Freunden beliebte Mischung kommerziell zu vermarkten.

Heute werden die drei Hauptkomponenten in Deutschland gemischt und verpackt, wobei Kreißl der einzige ist, der jenen Teil mit der besonderen Gewürzmischung kennt. Dieser Teil wird auf Mallorca hergestellt und als Kreißls geheime Zutat zugesetzt. Zu kaufen gibt es die Backmischung für das herzhafte „Schwarzwälder Krüstchen“-Brot im Internet ( www.kreissls.de ), an verschiedenen Stellen in Deutschland oder im deutschen Supermarkt „SAM” an der Playa de Palma.

Pierre Kreißl freut sich über jedes verkaufte Päckchen. Und so ist das, was einst des Künstlers Applaus war, heute sein Brot.