Es ist ordentlich was los vor dem Flughafen von Mallorca. | Ultima Hora

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Die Balearen-Regierung und auch Madrid tun nach wie vor ihr Mögliches, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern: In Partyarealen wie der Playa de Palma und Magaluf gelten verschärfte Restriktionen: In Außenbereichen von Bars dürfen maximal zehn Personen pro Tisch Platz nehmen, nicht zwölf, wie woanders. Hohe Hocker sind verboten. Insgesamt sind pro Gaststätte maximal 200 Gäste im Außenbereich und 100 im Inneren gestattet. Eine zweite neue Regelung betrifft die Einreisenden aus Großbritannien, wo die Delta-Mutation grassiert. Diese müssen ein negatives PCR-Testergebnis vorzeigen. Zudem wurden die schon für die vergangene Woche geplanten Regel-Lockerungen eingefroren, es stehen sogar Verschärfungen an: Die auf Dörfern beliebten „Verbena”-Feiern wurden untersagt.

Ungeachtet von am Mittwoch gemeldeten unglaublich vielen 422 Neuansteckungen innerhalb von 24 Stunden tummeln sich auf Mallorca immer mehr Urlauber. Und nicht nur das: Laut führenden Reiseveranstaltern wie Schauinsland, FTI und DER-Touristik denken die von Sehnsucht nach der Insel gepackten Deutschen nicht im Traum daran, ihre Reisen knall auf fall abzusagen. Die Gäste reagierten ausgesprochen besonnen, „so dass wir für die Insel derzeit kein erhöhtes Stornierungsaufkommen vermelden”, sagte Ralph Schiller, der Chef des mit der Insel seit Jahrzehnten wie Pech und Schwefel verbundenen Reisekonzerns FTI der Nachrichtenagentur dpa.

Vielen Mallorca-Fans dürfte klar sein: Die derzeit hohe Corona-Inzidenz auf den Inseln geht auf einen Groß-Ausbruch bei spanischen Abschlussschülern zurück. Altersgruppen jenseits der 16- bis 29-Jährigen und der etwas jüngeren sind kaum betroffen, weshalb der Corona-Experte der Balearen-Regierung, Javier Arranz, fest davon ausgeht, dass die bedrohlichen Zahlen bald und schnell wieder zurückgehen.

Zu der kurioserweise eher entspannten Haltung innerhalb einer beunruhigenden Entwicklung wird auch die Tatsache beitragen, dass sich die Lage in den Krankenhäusern nur unmerklich verschlechtert hat: Ganze drei Patienten kamen am Mittwoch auf normale Stationen beziehungsweise in ein Intensivbett. Die anfälligeren Älteren sind zum großen Teil schon geimpft, die Quote liegt bei allen Menschen bereits bei 42,7 Prozent. Das entspricht mehr als einer Million Dosen, ein durchaus hurtiges Tempo. Hinzu kommt, dass die Balearen als erste spanische Autonomieregion bereits die 16- bis 29-jährigen impfen. Mehr als 40.000 von ihnen suchten bereits nach einem Termin nach.

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Wohl angesichts dieser Gesamtlage auch im restlichen Spanien sieht der deutsche Außenminister Ferien hierzulande momentan nicht in Gefahr: „Es gibt keinerlei Hinweise auf Entwicklungen, die befürchten ließen, dass wir in absehbarer Zeit wieder Entscheidungen treffen müssten, die dazu führen, dass deutsche Touristen in Spanien keinen Urlaub mehr machen können“, sagte Heiko Maas (SPD) am Montag bei einem Besuch in Madrid. Er gehe derzeit nicht davon aus, dass eine Wiedereinführung der Quarantänepflicht für rückkehrende Spanien-Urlauber kurz bevorstehe.

Das sagte Maas im Lichte der Tatsache, dass das Nachbarland Portugal seit Mittwoch nicht mehr Virusvariantengebiet ist, weil sich die gefürchtete Delta-Mutation nunmehr auch in anderen europäischen Ländern ausbreitet. Befürchtungen auf Mallorca, dass auch Spanien zu so einem Spezialareal erklärt werden könnte, sind damit erst einmal vom Tisch. In einem Virusvariantengebiet ist sogar eine Pflichtquarantäne für vollständig Geimpfte nach der Rückkehr vorgesehen. So weit, so gut für die Deutschen. Dass das coronatechnisch strengere Großbritannien einen Rückzieher macht und Mallorca beizeiten wieder als Problemgebiet einstuft, ist indes nicht auszuschließen.

Dass es angesichts dieser nicht direkt mit den anderen Wellen vergleichbaren neuen Lage wieder zusätzliche Restriktionen geben wird, ist nachvollziehbar. Bekannt wurde bislang, dass auf den Dörfern die im Sommer so beliebten Verbena-Feiern nicht stattfinden dürfen. Was nicht verwundert, tummelten sich dort in den vergangenen Jahren die Teenager doch en masse – genau die momentan am heftigsten von der Pandemie betroffenen Bürger. Weitere Einschränkungen sind nicht ausgeschlossen, in Stein gemeißelt soll das bis Freitag werden. Eine Wiedereinführung der nächtlichen Ausgangssperre steht momentan nicht im Raum, der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez persönlich hat sie ausdrücklich ausgeschlossen. Dass dennoch zu bestimmten Zeiten Mobilitätseinschränkungen kommen könnten, etwa ein Autofahrverbot, ist dagegen eine Möglichkeit.

Zwei Szenarien für den bereits in einigen Bundesländern begonnenen Sommerurlaub schälen sich heraus: Beim ersten bleibt Mallorca Nicht-Risikogebiet, die ungeimpften Gäste müssen bei der Rückkehr wie gehabt einen Antigentest machen und ein negatives Ergebnis vor dem Einchecken und bei der Ankunft in Deutschland vorzeigen. Ein zweites Szenario stellt sich ein, wenn das Robert-Koch-Institut die Inseln offiziell zum Hochinzidenzgebiet erklärt, weil die Sieben-Tage-Inzidenz länger deutlich bei über 200 Fällen auf 100.000 Einwohner lag. Am Dienstag betrug diese Zahl auf den Balearen „nur” 128,89 mit steigender Tendenz. Dann droht Urlaubsrückkehrern Quarantäne. Vollständig Geimpfte dürfen jedoch selbst dann weiter unbeschränkt reisen, wenn sie ihre Reise vorher online anmelden.

Einfache Risikogebiete mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 50 werden seit dem 1. Juli von Deutschland zwar weiterhin ausgewiesen, aber Reisewarnungen werden nicht mehr ausgesprochen. Damit entfällt die Quarantänepflicht, es bleibt aber wie auch bei Nicht-Risikogebieten unverändert bei der Testpflicht. Was für Mallorca bedeutet: Ob Nicht-Risikogebiet oder einfaches Risikogebiet, das hat anders als im Sommer 2020 keine unterschiedlichen Auswirkungen.