Steinerne Sitzbänke im Schatten von Kiefern mit Blick auf die Hafenbucht von Can Barbarà, verwunschene Terrassen und Natursteinmauern auf Meeresfelsen prägen die Grünzone „Jardins de Natzaret”.

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Wer sich auf die steinerne Sitzbank am Rande des Rondells im Schatten einer alten Kiefer setzt und den Blick schweifen lässt, kann wahrlich nachempfinden, wie sich Mallorcas berühmter Kardinal Antoni Despuig dort einst gefühlt haben muss. Seit September sind seine ehemaligen Privatgärten für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr. Das sind zwar nur vier Stunden am Tag, doch eine Vereinbarung mit dem Inselrat eröffnet erstmals die Möglichkeit, die historische Grünanlage aus dem 19. Jahrhundert gratis betreten und genießen zu können.

An den „Jardins de Natzaret” vorbeiflaniert oder vielmehr vorbeigefahren ist fast jeder, der auf Palmas Hafenpromenade, dem Paseo Marítimo unterwegs ist. Es handelt sich um einen kleinen Abschnitt ungewöhnlicher Naturbelassenheit, die zwischen den ruinösen Resten des geschlossenen Tanztempels (einst Pachá, später Abraxas) und der Hafenbucht von Can Barbarà zu finden ist. Durch ein enges Gittertor geht es vom Paseo Marítimo aus ein paar Stufen zwischen den Meeresfelsen und den Natursteinmauern in die Höhe. Dann erreicht man ein Plateau mit Bäumen, Sträuchern, Aussichtsterrassen und dahinter dann das villenartige Gebäude der Hilfsorganisation Natzaret, die sich um benachteiligte Kinder kümmert. Dieses traditionsreiche Haus, das samt der Grünanlage als die Finca „Hort de Terreno” bezeichnet wird, stammt aus dem Jahr 1784. Das Anwesen bildete die erste Bebauung des dortigen Küstenabschnitts und gilt als die Keimzelle des späteren El-Terreno-Viertels, das sich von dort den Berg samt dem Castell Bellver bis zur Halbhöhenlage hinaufzieht.

Kardinal Despuig (1745-1813) erwarb die Finca am Meer im Jahre 1804 und plante, dort ein Museum für seine Antiquitätensammlung zu errichten, die er aus seiner Amtszeit in Rom mit auf die Insel gebracht hatte. Später stellte er die Statuen und Torsos auf seinem Landsitz Raixa auf. Heute befinden sich die Schaustücke im Stadtmuseum von Palma in der Burg von Bellver.

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Als der Kardinal das Anwesen auf den Meeresfelsen erwarb, da brandeten die Wogen noch direkt an die aus dem Wasser aufragenden Gesteinsformationen. Es gab weder die Hafenpromenade mit ihren zwischenzeitlich sechs Fahrspuren für Autos, noch den Westkai Dique del Oeste noch die heutigen Liegeplätze für Fähren, Kreuzfahrtschiffe sowie Tausende Yachten und Boote. Die Bucht von Can Barbarà war bis Ende der 1950er Jahre als Badebucht der Stadtbevölkerung beliebt. Und so ragte die Landzunge, auf der die Kardinalsfinca thront, seinerzeit weit ins offene Meer hinaus. Erzherzog Ludwig Salvator hielt in seinem Werk „Die Balearen” fest, dass die Aussichtsterrassen, die der Gottesmann dort anlegen ließ, den schönsten Panorama-Blick auf die Bucht von Palma gewährten.

Kunsthistoriker sind sich einig, dass die heutige Grünzone der einzige aus dem 19. Jahrhundert stammende Garten in Palma ist, der nahezu unverändert bewahrt werden konnte. So weise er klassizistische und romantische Züge seiner Gründerzeit auf. Wegen seines kulturhistorischen Werts wurde er 2004 vom Inselrat unter Denkmalschutz gestellt. Seitdem kümmert sich der Inselrat um die Pflege des Gartens. Im Jahre 2006 schlossen alle Beteiligten samt dem Rathaus von Palma eine Vereinbarung, gemäß der die Natzaret-Stiftung das 3500 Quadratmeter große Gelände für 25 Jahre an die Stadt verpachtet.

Das Rathaus von Palma verfolgt nicht nur dort, sondern auch anderswo eine stärkere Förderung der öffentlichen Grünzonen. So soll auch der Stadtpark Sa Riera im Norden des Zentrums attraktiver werden. Geplant sind neue Turn- und Spielgeräte, und auch das sogenannte Amphitheater mit seinen aufsteigenden Sitzplatzreihen aus Beton soll kunstvoll ergrünen. Der bekannte Fassadenmaler Joan Aguiló wurde beauftragt, mit viel Farbe die Tribünen in ein Margeriten-Feld zu verwandeln, so wie man diese intensiv weiß- und gelbblühenden Blumen im Frühjahr auf der Insel sieht. Und es soll nicht bei Kunstgrün allein bleiben: In diesem Herbst will das Rathaus in dem Park 300 zusätzliche Bäume pflanzen lassen.