Noch rund 600 Grundstücke sind in den drei Urbanisationen nicht bebaut. Auf einigen steht das Gebüsch mannshoch. | J. Martiny

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Dass man auf Mallorca hin und wieder einen langen Atem braucht, lernt Dirk Theilken derzeit auf die harte Tour. Am 27. Juni 2018 hat der Norddeutsche, dem ein Grundstück in der Urbanisation Pas de Vallgornera gehört, einen Bauantrag bei der Gemeinde Llucmajor gestellt, um dort ein Ferienhaus zu bauen. Zwei Jahre werde es wohl dauern, bis er loslegen könne, hieß es damals.

„Das schien mir zwar eine lange Zeit, aber gut”, sagt er. „Ich habe trotzdem gekauft.” Der Grund für die Schwierigkeiten ist die Lage seines Baugrundstücks. Dieses befindet sich nämlich oberhalb der größten Höhle Mallorcas, der Cova des Pas de Vallgornera – was Theilken zum Zeitpunkt des Kaufs auch bekannt war. Dass er mehr als vier Jahre später nicht nur weiterhin auf grünes Licht warten, sondern auch viel Geld für Gutachten, Gebühren und sonstiges ausgegeben haben würde, das ließ er sich damals jedoch nicht träumen.

Seit den frühen 1970er-Jahren – einige Jahre nachdem die Höhle entdeckt worden war – entstanden an der Küste Llucmajors die ersten Neubausiedlungen: Es Pas de Vallgornera, Vallgornera Nou und Cala Pi. Eine Kanalisation wurde allerdings nicht gebaut, wie auch in vielen anderen Neubausiedlungen damals. Die Leute – unter ihnen viele Ausländer – behalfen sich mit Sickergruben. Diese Art der Abwasserbeseitigung aber ist in der EU schon seit vielen Jahren nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Zumal das Dreckwasser nach und nach in die Höhle eindrang, die unter besonderem Schutz steht. Eigentlich müsste die Gemeindeverwaltung von Llucmajor also eine Kanalisation bauen. Das aber ist gar nicht so einfach: wegen der Höhle. Experten befürchten, die Erschütterungen während der nötigen Bauarbeiten könnten zu ihrem Einsturz führen.

Also begann ein langes Hin und Her: Die Gemeinde beantragte eine Ausnahmegenehmigung, um den Bau einer Kanalisation zu umgehen, zumal eine solche enorme Kosten verursacht hätte. Die Rede war seinerzeit von 21 Millionen Euro, die zum Großteil die Anwohner hätten aufbringen müssen. Stattdessen sollte jeder Grundstücksbesitzer sein Dreckwasser selbst entsorgen und dabei sicherstellen, dass es nicht in den Erdboden gelangte. Die zuständige Umweltbehörde aber lehnte ab. Mittlerweile ist klar, dass es keine Ausnahme geben wird.

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Die Gemeinde plant daher den Bau einer Kanalistion, wie der zuständige Bauamtsleiter Guillermo Roig gegenüber dem Mallorca Magazin bestätigt. Allerdings befinde man sich noch in der Anfangsphase. Als nächstes müsse eine Firma gefunden werden, die ein entsprechendes Projekt erarbeiten könne. Man bereite derzeit die öffentliche Ausschreibung vor.

„Wir wollen die Gelegenheit nutzen und auch gleich Laternen, Bürgersteige und Straßenbelag erneuern”, sagt Roig. Wie teuer das Ganze wird, könne er aber noch überhaupt nicht sagen. Man wolle sich jedoch um EU-Fördergeld bewerben, um die Kosten für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Die balearische Ministerpräisdentin Francina Armengol wiederum habe bereits zugesagt, die Kosten für den Bau einer Kläranlage zu übernehmen. Ein entsprechendes Grundstück dafür stelle die Gemeinde zur Verfügung. „Eigentlich hätte das alles vor 15 Jahren geschehen müssen”, sagt Roig. „Wir streben an, dass zumindest das Projekt in diesem Jahr fertig wird und wir dann mit den Bauarbeiten beginnen können.”

Guillermo Roig, Baudezernent der Gemeinde Llucmajor.

Dass sich in den drei Urbanisationen endlich etwas tut, ist nicht zuletzt auch im Sinne der Gemeinde. Denn solange das Abwasserproblem nicht gelöst ist, kann diese dort keine Baugenehmigungen mehr vergeben. Von den 1157 Parzellen sind laut Bauamt noch immer mehr als 600 unbebaut. Im Herbst 2019 trat ein entsprechendes Moratorium in Kraft. Dass derzeit dennoch auf etwa 80 bis 100 Grundstücken gebaut wird, wie Roig schätzt, liegt daran, dass es noch eine ganze Reihe älterer Bauanträge gibt, die nun nach und nach bearbeitet werden – nach strenger Prüfung durch die zuständige Umweltbehörde.

Das wiederum sorgt bei Leuten wie Dirk Theilken für Kopfschütteln. „Es ist schon skurril”, sagt er. „Es gibt einen Strom- und Wasseranschluss, eine Straße, Laternen, gegenüber stehen Häuser, und es werden Genehmigungen erteilt, während ich weiterhin warte.” Er wisse von etwa 20 weiteren Betroffenen, denen es ähnlich gehe wie ihm. Im Februar 2021 übermittelte er der zuständigen Umweltbehörde ein eigens angefertigtes Gutachten mit mehr als 230 Seiten Umfang, in dem die beauftragten Experten die Unbedenklichkeit des Bauvorhabens darzulegen suchen. Seitdem hat Theilken nichts mehr gehört. „Wenn man mir keine Baugenehmigung erteilen will, dann soll man mir das wenigstens mitteilen”, sagt er. Dann könne er zumindest rechtliche Schritte einleiten. Immerhin handele es sich ja bei seiner Parzelle um Bauland. Eines ist Theilken mittlerweile klar: „Ruckizucki geht hier gar nichts.”