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Eigentlich wollte das balearische Forstamt den Internationalen Tag des Waldes am Dienstag gebührend begehen. Nun wurden die Feierlichkeiten allerdings von den Folgen des schweren Schneesturmes Juliette überschattet, der an den letzten beiden Februartagen auf der Insel wütete. Mittlerweile ist das wahre Ausmaß der Schäden absehbar, nachdem sich Mitarbeiter des Forstamtes per Hubschrauber einen Überblick verschafft haben. Der balearische Umweltminister Miquel Mir sprach in einer eigens anberaumten Pressekonferenz von mehr als 14.000 Hektar Waldfläche, die unterschiedlich stark betroffen ist – überwiegend im Tramuntana-Gebirge, aber auch am Sant Salvador in Felanitx und am Puig de Randa in der Inselmitte. Mehr als 1,4 Millionen Bäume wurden beschädigt oder stürzten um. 7,2 Millionen Euro werden nötig sein, um in den betroffenen Gebieten zumindest einigermaßen für Ordnung zu sorgen.

„Juliette hatte ganz andere Eigenschaften als andere Unwetter in der Vergangenheit”, sagte Joan Santana, Leiter der balearischen Forstbehörde. Heftiger Schneefall, Sturmböen und stundenlanger Dauerregen kamen zusammen. Vor allem die Schneemassen und der gleichzeitig heftige Wind sorgten dafür, dass unzählige Bäume umkippten oder aber Äste unter der Last abbrachen. Außerdem sei das betroffene Gebiet nicht klar begrenzt, wie etwa beim schweren Wirbelsturm in Banyalbufar im August 2020, der einen ganzen Landstrich verwüstete. „Wir sind besorgt, weil Phänomene wie dieses in den vergangenen Jahren zuzunehmen scheinen”, sagte Santana. Umweltminister Mir pflichtete ihm bei: „Wir haben es hier ganz klar mit einer Folge des Klimawandels zu tun.”

Laut Mir hat nun die Waldbrandprävention oberste Priorität. Hunderttausende entwurzelte Bäume und unzählige abgebrochene Äste würden weite Forstflächen zu wahren Pulverfässern machen, sollte das Holz nicht aus dem Wald geholt werden. Ein Funke könnte im zu erwartenden heißen und trockenen Sommer ausreichen, um einen Großbrand auszulösen. Deshalb sollen in den kommenden Wochen die Aufräumarbeiten unter Hochdruck angegangen werden, zunächst an für die Waldbrandvorbeugung strategisch bedeutsamen Stellen.

Bereits seit Wochen sind Forstbeamte, Mitarbeiter des Katastrophenschutzes und der beim Inselrat angesiedelten Straßenerhaltung damit zugange, die größten Schäden zu beseitigen. Die am schwersten betroffenen Gebiete liegen rund um Lluc und bei Caimari. Aber auch im Orient-Tal sind die Sturmfolgen nicht zu übersehen. Die alles entscheidende Frage ist, wie die Einsatzkräfte mit den Aufräumarbeiten vorankommen. Umweltminister Mir bekräftigte, dass die Balearen-Regierung alle erforderlichen Mittel garantiere. Gleichzeitig vertraue man darauf, dass die Zentralregierung in Madrid die Insel zum Katastrophengebiet erklären und entsprechende Unterstützung bereitstellen werde. Schließlich ist die Waldbrandgefahr auf der Insel im Sommer ohnehin sehr hoch. Immer wieder wüten schwere Brände auf der Insel.

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Das hat neben der Achtlosigkeit der Verursacher noch weitere Gründe. So wurde die Forstwirtschaft auf den Inseln lange Zeit sträflich vernachlässigt. Noch bis vor wenigen Jahren waren die Balearen die einzige spanische Region ohne Forstplan. Erst seit 2015 gibt es ein solches strategisches Dokument, in dem Themen wie Umweltschutz, Brandvorbeugung und Waldpflege sowie die Förderung der wirtschaftlichen Forstnutzung geregelt sind. Dazu kommt, dass sich die Waldfläche seit Jahren ausdehnt. Derzeit gelten 41 Prozent Mallorcas als bewaldet – fast doppelt so viel wie noch im 19. Jahrhundert. Potenziell kann auf mehr als 80 Prozent der Fläche Wald wachsen, heißt es. Tendenziell dehnt sich dieser also mit der Zeit immer mehr aus, wenn keine geeignete Forstwirtschaft betrieben wird.

Und genau dies ist das Problem: Wie Ackerland und Meer lieferte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein auch der Wald die Lebensgrundlage für viele Inselbewohner. Solange das Holz noch unerlässlich war, um kochen und heizen zu können, um Öfen zu betreiben, um Kohle und Kalk herzustellen, solange boten die Wälder einen wirtschaftlichen Nutzen. Es lohnte sich, sie zu bewirtschaften. Das aber ist lange vorbei. Heute werden gerade einmal noch drei Prozent der jährlich nachwachsenden Menge Holz aus den Wäldern geholt – der Großteil davon nach Feuer oder Sturm, um tote Bäume zu entfernen.

Eine rentable Nutzung des Rohstoffes Holz ist nicht in Sicht. Biomasse-Anlagen gibt es zwar zunehmend, die nötigen Pellets aber werden in der Regel vom Festland importiert. Der Biomasse-Anteil an der gesamten Energieproduktion ist verschwindend gering. So gering, dass selbst das balearische Energieministerium, das sonst jeden noch so kleinen Fortschritt bei der Nutzung erneuerbarer Energien vermeldet, auf Anfrage passen muss. Immerhin hat die Stadt Palma zuletzt eine Biomasse-Anlage im Schwimmbad Son Hugo installiert. Der Inselrat rüstet seine Wanderherbergen entsprechend nach. Entschieden gefördert wurde der Sektor bislang jedoch nicht.

Und noch etwas erschwert die Arbeit der balearischen Forstbeamten: Auf lediglich ein paar Dutzend Hektar Fläche, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befindet, beziehungsweise als strategisch bedeutsam gilt, können sie überhaupt Arbeiten zur Brandprävention durchführen, da sich mehr als 90 Prozent des mallorquinischen Waldes in Privatbesitz befinden. Und so sind nun auch zunächst einmal Aufräumarbeiten lediglich auf etwa 45 Hektar Fläche vorgesehen – von insgesamt mehr als 14.000 wohlgemerkt. Was auf dem Rest der Fläche geschieht, ist Privatsache. In welcher Form es Subventionen für Aufräumarbeiten für Grundbesitzer geben wird, ist noch unklar. Eines scheint damit schon jetzt klar: Es dürfte ein besonders gefährliches Waldbrandjahr werden.