Verkehr

Autos ohne Ende: Mallorca sagt dem Dauerstau den Kampf an

... allerdings mit eigenwilligen Mitteln. Unter anderem sollen Nicht-Residenten auf der Insel maximal ein Auto nutzen dürfen. Auch ein generelles Einfuhrlimit ist geplant

In Palma kommt es schon seit Jahren immer wieder zu langen Staus, insbesondere in der sogenannten Rush Hour.Foto J. Torres

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Mallorca steht vor einem verkehrspolitischen Paradigmenwechsel. Angesichts überfüllter Straßen, wachsender Umweltbelastung und infrastruktureller Überlastung plant der Inselrat zwei einschneidende Maßnahmen, die besonders Nicht-Residenten treffen dürften – aber nicht nur sie.

Die erste betrifft all jene, die auf der Insel ein Haus oder eine Wohnung besitzen, ohne dort ihren festen Wohnsitz angemeldet zu haben. Künftig soll für diese Eigentümer gelten: nur noch ein einziges Auto pro Immobilie – und auch das nur, wenn dieses auf der Insel zugelassen und versteuert ist.

Der Vorschlag stammt vom Verkehrsdezernat des Consell und soll im Juni offiziell vorgestellt werden. Bereits im Sommer 2026 könnte die Regelung dann in Kraft treten. „Nicht-residente Eigentümer dürfen pro Immobilie ein Fahrzeug führen – allerdings nur, wenn es an der Adresse auf Mallorca steuerlich gemeldet ist”, erklärte Inselrats-Präsident Llorenç Galmés von der konservativen Volkspartei PP Anfang der Woche. Die Maßnahme richtet sich gegen die wachsende Zahl an Fahrzeugen, die ganzjährig auf der Insel verweilen, ohne dort registriert oder versteuert zu sein – eine Praxis, die bisher kaum kontrolliert wurde.

Was auf den ersten Blick wie eine technokratische Regelung erscheint, betrifft in der Realität viele. Besonders deutsche Zweitwohnsitzbesitzer, die Mallorca regelmäßig besuchen, mehrere Autos für Familie, Gäste oder private Zwecke nutzen – sie müssten künftig umdenken. Ob und wie eine solche Maßnahme dann tatsächlich kontrolliert und Verstöße im Zweifel geahndet werden, ist natürlich eine andere Frage.

Die zweite Maßnahme: Ein generelles Einfuhrlimit

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Parallel zur Nutzungseinschränkung für Nicht-Residenten arbeitet die Balearen-Regierung an einem zweiten, deutlich umfassenderen Schritt: einer allgemeinen Einfuhrbegrenzung für externe Fahrzeuge, wie sie bereits auf Ibiza und Formentera praktiziert wird.

Mit breiter Mehrheit – 49 Abgeordnete stimmten zu, nur die rechtspopulistische Partei Vox votierte dagegen – wurde der Inselrat vom Plenum dazu aufgefordert, binnen sechs Monaten einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Das Prinzip: Wer sein Fahrzeug im Sommer auf die Insel bringen möchte (ohne hier zu leben), muss sich künftig vorab registrieren und eine kostenpflichtige Genehmigung einholen. Die Inselräte sollen jährlich eine Höchstquote an zugelassenen Fahrzeugen festlegen. Was auf Formentera seit Jahren funktioniert und auf Ibiza ab dem 1. Juni dieses Jahres Realität wird, könnte nun also auch Mallorca erreichen – mit weitreichenden Folgen für Individualtourismus, Mietwagenfirmen und logistische Abläufe auf der Insel.

Zahlen, die zum Handeln zwingen

Die Dringlichkeit der geplanten Maßnahmen lässt sich – unabhängig von ihrer tatsächlichen Wirksamkeit – statistisch untermauern – und sie ist eindrucksvoll. Im Jahr 2023 wurden über die Häfen Mallorcas mehr als 324.000 Fahrzeuge eingeführt – ein Anstieg von über 100 Prozent seit 2017. Zählt man die Fahrzeuge hinzu, die als Fracht kamen, ergibt sich eine Zahl von rund 380.000 zusätzlichen Autos. Das entspricht etwa 40 Prozent des aktuellen Fahrzeugbestands der Insel. In den Sommermonaten kollabiert das System förmlich: An Spitzentagen im August verzeichnet Mallorca über 1,3 Millionen Fahrten täglich. Allein der Mietwagenverkehr summiert sich dann auf mehr als 75.000 Fahrzeuge gleichzeitig – mit steigender Tendenz. Experten schätzen, dass in der Hochsaison zwischen 90.000 und 120.000 Autos zu viel unterwegs sind.

Politisch umkämpft, gesellschaftlich unumgänglich?

Die Umsetzung der geplanten Regeln wird nicht ohne Konflikte verlaufen. Während die PP die Initiative vorantreibt, lehnt der Regierungspartner Vox die Einschränkungen ab – was bereits zu Spannungen innerhalb der Regionalregierung geführt hat. Dennoch zeichnet sich ab, dass zumindest für die Einfuhrbegrenzung eine stabile Mehrheit im Parlament vorhanden ist. Ob und in welcher Form die Maßnahmen letztlich Gesetz werden, ist offen. Doch die Botschaft ist klar: Mallorca will sich von der Vorstellung unbegrenzter Mobilität verabschieden – zumindest in den Sommermonaten und für jene, die die Insel nicht ihr dauerhaftes Zuhause nennen. Es ist der Versuch einer politischen Antwort auf ein ökologisches und soziales Problem, das lange ignoriert wurde – und nun nicht mehr zu übersehen ist.